Das hatte
@Vergnügt IMO schon passend beantwortet. In Ergänzung hat Vertrauen gewähren auch in verschiedenen Formen etwas damit zu tun es sich leisten zu können.
Ein Beispiel: Meine Frau vertraut mir, Eifersucht ist kein Thema. Ich weiß das, ich spüre es, ich erlebe es und es macht mich frei! -Obwohl ihr Ex-Mann soweit entfernt arbeitete, dass er dort eine Wohnung und eine Geliebte hatte. Sie vertraut mir trotzdem, das ist etwas grundsätzliches und sie ist völlig frei von dem Misstrauen, dass viele nach solch einem Betrug entwickelten. Ich hatte schon erwähnt, dass ich beruflich oft länger unterwegs bin und es Raum für solche Gedanken gäbe.
Wie würdest du deine Trennung angesichts des folgenden Beispiels einordnen:
Ein Ehepaar. Er selbständig und wie das bei Selbständigen üblich ist, schafft er als wesentliches Element der Altersvorsorge die gemeinsam bewohnte Immobilie an und überschreibt sie auf seine Frau. Sie ist bis zur Berufsunfähigkeit erkrankt. Beider Alter ist ende 50. Nichtsdestotrotz leben die beiden sich auseinander und lassen sich scheiden. Sie wirft ihn aus dem Haus.
Müssen wir nicht ausführen, es soll nur die mögliche Härte einer Trennung verdeutlichen. Wie ich aus meiner Ehe raus bin, dafür kassiere ich von meiner Frau immer noch "Blicke". Das hätte finanziell besser laufen können. Mag sein, aber im Rückblick hat sich mein Vertrauen und der akzeptierte finanzielle Schaden gelohnt, denn es ermöglichte mir meinen Frieden mit ihr zu schließen. Wie sie damit umgeht, ist nicht mehr interessant. Bin ich wirklich froh drum und konnte es mir zum Glück leisten. Trotzdem ging ich das Risiko wieder ein, obwohl es diesmal noch teurer würde. Dafür habe ich auch Gründe, die nicht im Topic zu finden sind.
Es geht nicht darum nichts zu erwarten um nicht enttäuscht werden zu können. Das kann mir passieren. Der Punkt ist dem Anderen maximalen Freiraum zu lassen. Das ist die Basis für authentisch und in beider Interesse. Sie ist frei zu entscheiden und zu tun. Wozu soll ich Ansprüche haben?
Und nein, meine Anspruchslosigkeit schließt nicht alles ein. Das Beispiel reicht aber nicht, den Anspruch habe ich nicht. Ist auch kein gutes Beispiel und was hätte ihr Fremdgehen mit meinen Erwartungen und Ansprüchen zu tun?
Schlichte Gegenfrage: Änderten meine Erwartungen/Ansprüche etwas?
Sollte ich das häufig als probat empfundenen Mittel der Drohung "Deine Untreue bedeutet das Ende unserer Beziehung!" schon im Vorfeld anwenden? Ist es falsch das seinzulassen? So oder so kann die Untreue zu einer unüberbrückbaren Differenz beider Lebensplanungen werden. Das ist dann mitunter ein KO-Kriterium für eine gemeinsame Lebensplanung.
Vielleicht kann ich es so besser klar machen. Ein (gemeinsamer) Anspruch wäre z.B. darüber zu reden, wenn einer fremdgeht. Das ist ein Anspruch, gehört aber soweit zu den Basics, dass es schwierig ist das infrage zu stellen. Es gibt sicher weitere (Ausnahmen), aber an solchen kann ich nicht verdeutlichen was ich ausdrücken will:
In der Beziehungsanbahnung hatte ich einige wenige Ansprüche, die zu erfüllen waren. Natürlich auch Anziehung. Des Weiteren möge Sie eine auf Reflexion basierende Selbstsicherheit haben und bei den immer vorhandenen "Ecken & Kanten" keine, die sich beziehungsbelastend auswirken. Reflexion&Selbssicherheit beinhaltet ein Subset an (erworbenen) Fertigkeiten und ich denke schon, je reflektierter, je selbstsicherer, umso ähnlicher werden die sich daraus ergebenden Erkenntnisse. Beispiele für Teile des Subsets sind als Single glücklich sein zu können, Unabhängigkeit, eine menschliche Attitüde, ein hohes Maß an Akzeptanz und Toleranz, ... und was mir alles im Moment nicht einfällt. Müßig das aufzuzählen, wichtiger ist die Fähigkeit zur Reflexion und eine sich daraus ergebende Selbstsicherheit. Das ließe sich auch emotionale Stabilität nennen. Wenn sich zwei finden, die einen vergleichbaren Stand haben, dann stören auch Differenzen im Subset nicht, denn beide haben die Mittel um auf eine Lösung gemeinsamer Lesart zu kommen. Das ist weer Anspruch noch Erwartung, solche Entwicklungen geschehen von selbst, wenn beide auftauchende Differenzen reflektieren. Das Ende des Prozesses wird idR. ein gemeinsamer Nenner sein. Kein Kompromiss, sondern das für jeden beste, in einer gemeinsamen Betrachtung gefundene Ergebnis. Muss nicht für beide identisch sein.
Sind meine Ansprüche an Reflexion und Selbstsicherheit in der Beziehungsanbahnung erfüllt, dann spielen sie in der Beziehung keine Rolle. Jetzt können wir uns natürlich feinstofflich streiten, ob der Anspruch weiter besteht oder der Anspruch mit seiner Erfüllung erloschen ist. Wie auch immer, ich sehe keinen vernünftigen Grund einen solchen Menschen mit weiteren Ansprüchen zu überziehen. Im Grunde ist es der (erfüllte) Anspruch auf ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit. Erwartungen finde ich auch nur mäßig gut, die können auch fordernd sein. Wünsche sind völlig in Ordnung, denn die kann der Andere ablehnen. Ich wünsche mir mit ihr zusammen alt zu werden. Der Unterschied wird klar, wenn ich von ihr erwarte, dass wir zusammen alt werden.
Ich fordere nichts von ihr, Liebe gibt. Sie muss keine Ansprüche, Erwartungen an mich haben, ich komme von selbst. Und wenn hier im Forum immer wieder die eigenen "Ausnahmen" von dem Prinzip rechtfertigt werden, dann stimmt etwas nicht. Jede Ausnahme schränkt den gemeinsamen Raum ein.
Fromm ist nicht so meins. Lauster, vermutlich auch Precht nicht, der über Kollegen herzieht. Die älteren habe ich gelesen, die neueren interessieren mich nicht mehr.
Nur weil weitgehend auf Erwartungen und Ansprüche verzichtet wird, ist das doch keine Vermeidung von Entwicklungen! Zwei eigenverantwortliche Menschen müssen nicht durch Ansprüche und Erwartungen des Anderen getrackt werden und sollten die Mittel für weitere Entwicklungen besitzen. Auch bei zwei ausgeprägten Individuen kommt es zum Wir.
Bei den Hoffnungen und Wünsche bin ich d'accord, mit den Erwartungen und Ansprüchen an einen Menschen habe ich so weit Bedenken, dass ich sie in der Partnerschaft sein lasse. Warum, sollte jetzt klar sein und wie ich es vermeide auch. Wer es braucht, der kann sich einen entsprechenden Partner für seine Erwartungen und Ansprüche suchen. Für mich ist das keine Alternative. Meine Ansprüche habe ich - im Übrigen meine Frau genauso - in die Anbahnung verlegt und erfüllt. Sie habe ich in der Beziehungsanbahnung kompromisslos erlebt, in der Beziehung kann ich weitgehend machen was ich will. Das läuft aber nicht so wie mancheR das interpretieren könnte, so irgendwie willkürlich, sondern vertrauensvoll. Wenn ich ihr mit irgendeinem zu drehenden Klops komme, dann ist mir, obwohl ich idR. von ihr keinen Widerstand erfahre, sowieso ihre Sicht, der Austausch mit ihr wichtig und wertvoll. Wir sprechen darüber, wenn es von Belang ist und meist, wenn es das nicht ist. Das gemeinsame „Subset“ spielt eine wesentliche Rolle. Ansprüche und Erwartungen gehören nicht dazu.