AW: Warum haben Männer Angst vor selbstbewussten Frauen?
Ich finde die Fragestellung durchaus berechtigt und interessant, wenn auch schwierig befriedigend zu beantworten. Und sind es nicht 2 Themen, die hier gleichzeitig angesprochen werden? Der Geschlechterkonflikt ausgelöst durch die Emanzipation und „was ist selbstbewusst“.
Ich bin selber Anfang 40 und ich denke, dass meine Generation, also die erste „echte“ Frauengeneration nach der Emanzipation in den 60ern und 70ern mit entsprechenden Männerpendants schon teilweise in einer schwierigen Lage ist. Erzogen von der Generation, die teilweise noch Krieg als Kind erlebt hat und in der das Frauenbild und das Rollenverständnis ein anderes war, sind wir doch immer noch in einer Findungsphase. Die ist spannend, keine Frage, aber braucht doch ein Wandel in den Köpfen / der Gesellschaft nicht nur eine, sondern eher zwei oder sogar drei Generationen. Tendenziell sehe ich auch eher, dass nach den „wilden Jahren“ unserer Eltern wir schon wieder rückwärts laufen und unfreier sind / werden oder anders formuliert die Sehnsucht nach Beständigkeit und gefestigten „Normen“ wieder steigt. Noch vor wenigen Jahren waren die Rollen in der Gesellschaft sehr klar verteilt, jeder wusste mehr oder weniger wo er hingehört – ohne das als gut oder schlecht bewerten zu wollen. Ich muss da mal wieder an den Kommentar meines Vaters (Jahrgang 1942) denken, als ich meinen Eltern vor sehr vielen Jahren die Trennung von meinem damaligen Ehemann mitteilte. Er sagte „es ist ja heutzutage zum Glück keine Schande mehr für eine Frau, geschieden zu sein.“ Gleichermaßen hatte genau er mir aber schon zu Jugendzeiten regelrecht eingetrichtert, mir eine gute Ausbildung zu verschaffen und mich niemals von einem Mann abhängig zu machen. Heute ist alles im Fluss, alles im Wandel und das in atemraubender Geschwindigkeit. Es ist viel schwieriger seinen Platz zu finden und es gibt viel mehr Versuche und Scheitern als früher. Der Konkurrenzkampf ist viel härter geworden (jeder will alles koste es was es wolle) und diese Verbissenheit, mit der Frau und Mann wirklich überall gleich gemacht werden (sollen) ist doch eher erschreckend, für mich jedenfalls.
Ich arbeite – wie BellaDonna – in einer von Männern dominierten Branche, in der der Ton auch mal recht rau sein kann. Führe dazu noch ein Leben auf Grund meines Berufes, das man eher einem Mann zuschreibt als einer Frau. Meine Jungs nehmen mich weder als schwaches Weiblein noch als toughe Zicke mit Haaren auf den Zähnen wahr. Sondern als die Kollegin und teilweise Vorgesetzte, die ich bin, ich habe den Respekt und die Achtung meines Umfelds und bin ein Teil des Teams. Was mir übrigens bei Frauen erheblich seltener begegnet, die haben damit oft ein riesiges Problem. Während meine männlichen Kollegen oft unverhohlen bewundert werden „toll, was nimmst Du alles auf Dich, um deiner Familie ein schönes Leben zu ermöglichen“ (die Frauen und Familien werden dabei gerne vergessen, die das mittragen), muss ich mich für diese Art des Lebens verteidigen „sowas geht doch nicht, wie kannst du einem Partner das nur antun?“. Soviel zum Thema Gleichberechtigung und diese Kommentare kommen nicht aus meiner Elterngeneration, sondern aus meiner eigenen.
Das hat doch aber alles nichts mit Selbstbewusstsein zu tun. Ich finde, dass dieses Wort oft mit einem Auftreten / Verhalten wie u.a. Macht, Dominanz, Unnachgiebigkeit und Arroganz verwechselt wird. Das kann durchaus Angst machen, aber im Grunde heißt Selbstbewusstsein doch nur sich im Klaren darüber sein, welche Stärken und Schwächen, Wünsche und Vorstellungen, Haltungen und Meinungen oder auch Marotten man selber hat und diese benennen zu können. Das löst sehr sicher keine Angst aus, vielleicht aber durchaus Unsicherheit auf Grund fehlender Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten. Die dann schon mal dazu führen kann, dass man lieber die Finger von jemandem lässt, der vielleicht interessant ist aber von dem man(n) nicht so gut oder schnell einschätzen kann wie derjenige / diejenige nun wirklich tickt. Ich hatte vor kurzem einen Projektleiter, der mir unverhohlen ins Gesicht sagte „ich bin ein typischer Italiener, ein Macho und ich will, dass meine Frau zu Hause bei den Kindern ist“. Fand ich total cool, wer steht denn noch heute aufrichtig zu seinen Haltungen? Ich bin deswegen als Frau von ihm nicht weniger ernst genommen worden, sondern er hat meine (beruflichen) Entscheidungen akzeptiert und in meinem Sinne umgesetzt - und er hat mich abends nach getaner Arbeit wie es sich für einen Kavalier gehört zum Essen ausgeführt. Sowas nenne ich einen selbstbewussten Mann, der einer selbstbewussten Frau auf Augenhöhe begegnet!
Viele Grüße
Nina