maruli

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Vorschlag für ein anderes Mitgliedschaftskonzept

Vorschlag für ein anderes Mitgliedschaftskonzept

Prinzipiell finde ich Parship gut. Das aktuelle Mitgliedschaftskonzept hat aber einen grundlegenden strukturellen Fehler. Eine nach längeren Zeiteinheiten bezahlte Mitgliedschaft ist immer dann kontraproduktiv, wenn der Zweck die ernsthafte und sorgfältige Suche nach nur einem einzigen passenden Lebenspartner ist.

Rationale Menschen, die vernünftig mit ihrem Geld umgehen, treffen Entscheidungen aufgrund von Kosten-Nutzen-Abwägungen. Wer sich irgendwo für eine Zeitkarte entscheidet, egal ob für den Zoo, ein Fitneßcenter oder das Nahverkehrssystem, ist vernünftigerweise bestrebt, den Nutzen durch hohe Frequentierung zu optimieren.

Problem 1:
Eine solche Optimierung bei einem Partnersuchportal bedeutet das Knüpfen zahlreicher neuer Kontakte, denn zur Fortsetzung und Vertiefung eines einmal etablierten Kontaktes wird das Portal nicht mehr benötigt. Mitgliedschaften auf der Basis von Zeiteinheiten sind deshalb generell monogamiefeindlich und promikuitätsunterstützend. Der Nutzen solcher Portale ist für solche Männer am größten, die häufige oberflächliche Kontakte ohne Bindungsabsicht mit immer wieder anderen Frauen suchen oder die sogar bestrebt sind, sich zu möglichst vielen unterschiedlichen Frauenkörpern kurzzeitigen Zugang zu verschaffen. Das ist aber nicht das erklärte Ziel von Parship.

Wer hingegen das Ziel hat, einen passenden Lebenspartner zu finden, muß dafür Zeit, Geduld und Sorgfalt beim Kennenlernen investieren. Damit man sich mit wachsendem Vertrauen öffnen kann, muß man sich darauf verlassen können, daß der Kennenlernprozeß ausschließlich von den beiden daran Beteiligten abhängt und nicht von Dritten und daß der Kontakt nur dadurch beendet wird, daß man Unvereinbarkeiten entdeckt und sich nach klaren Aussagen dazu voneinander verabschiedet. Das ist nur möglich, wenn in dieser Phase der Kontakt exklusiv ist und ohne Zeitdruck stattfindet.

Wenn jemand mit einer zeitabhängig bezahlten Mitgliedschaft den Kennenlernprozeß beginnt und das echte oder vorgebliche Ziel ist eine ernsthafte Dauerpartnerschaft, dann gibt es mehrere mögliche Szenarien:

Szenario 1: Er akzeptiert die Exklusivität und benutzt das Portal während dieser Zeit nicht. Die zeitabhängigen Kosten laufen aber trotzdem weiter. Entweder gerät er wegen dieser Geldverschwendung in den unangenehmen Zustand kognitiver Dissonanz. Dabei entsteht möglicherweise Druck auch auf den möglichen Partner, den Kennenlernprozeß zu beschleunigen.
Oder die Geldausgabe ohne Gegenleistung ist ihm gleichgültig. In diesem Fall stellt sich aber die Frage, ob jemand, der so achtlos und unbekümmert Geld verschwendet, sich als finanziell verantwortungsvoll handelnder Lebenspartner eignet.

Szenario 2: Er verweigert unausgesprochen die Exklusivität und sucht weiter. Dann kann sich das Verhalten von jemand, der vorübergehend den Eindruck ernsthaften Interesses erweckt, von einem Moment zum andern plötzlich in nicht nachvollziehbarer Weise verändern. Im schlimmsten Fall kommt plötzlich gar keine Antwort mehr, oder man wird zunächst noch mit plötzlich kurzen und belanglosen Mails hingehalten.
Möglicherweise wird der Kontakt einseitig sogar von vornherein nur als vorübergehende Zwischenlösung und als Zeitvertreib während der Wartezeit auf eine zumindestens subjektiv als besser geeignet wahrgenommene Frau begonnen.

Ernsthaft Partnersuchende sind in diesem Szenario einem hohen Risiko ausgesetzt, verletzt zu werden. Wenn man aber schon darauf gefaßt ist, Verletztwerden zu vermeiden, dann wird dadurch der Aufbau von Vertrauen verhindert. Mangelndes Vertrauen erhöht aber leider wiederum gerade die Wahrscheinlichkeit, daß der andere auch anderweitig weiter sucht.

Es wird immer mal wieder behauptet, daß die Bereitschaft, für eine zeitabhängige Mitgliedschaft zu bezahlen, ein Indikator für die Ernsthaftigkeit der Partnersuche ist. Das ist, wie oben ausgeführt, ein Denkfehler. Der wirkliche Indikator ist die zugestandene Exklusivität, und die wird durch die zeitabhängige Mitgliedschaft ja sogar behindert.

Problem 2:
Eine zeitabhängige Mitgliedschaft eignet sich am ehesten für Standard- und Durchschnittsmenschen, für die es eine Vielzahl von passenden Partnern gibt. Je statistisch seltener jemandes angebotene und gesuchte Attribute sind, desto unsinniger sind Zahlungen, wenn die einzige Gegenleistung der Frust der vergeblichen Suche ist.

Ich bin ein Beispiel dafür. Ich bin 65, und ich suche einen studierten Partner im passenden Alter, der unter anderem weder Kinder noch Religion hat, der sapiophil und kopfgesteuert ist und eine Partnerin mehr für eine intellektuelle und emotionale Gemeinschaft als für seine körperlichen Bedürfnisse sucht. Solche Männer sind sehr selten und ich habe den Eindruck, daß die Suchaktivitäten von Männern leider in dem Maße abnehmen, in dem ihre Bedürfnisse nach Frauenkörpern nachlassen. Die Art von Männern, wie ich einen suche, ist am schwersten zu finden.

Zwar bin ich gerne bereit, eine Leistung für eine angemessene Gegenleistung zu erbringen. Das wäre für mich eine (freiwillige) Erfolgsprämie dann, wenn ich über ein Portal wie Parship tatsächlich einen passenden Partner finden würde. Eine zeitabhängige Mitgliedschaft ist für mich hingegen völlig unsinnig. Das zeigen meine Erfahrungen.

Parship hat mir vor kurzem netterweise 3 Tage kostenlose Premium-Mitgliedschaft erlaubt. Vor knapp einem Jahr hatte ich diese Möglichkeit schon einmal. Ich habe mir damals und auch jetzt wieder alle inzwischen dazugekommenen Partnervorschläge angesehen.
Viele Männer beschränken ihre Suche auf ihren Nahbereich. Im meinem Nahbereich gibt es fast keine Partnervorschläge. Diese wenigen sind, wie auch die meisten anderen, Profile ohne informative Inhalte, die es erlauben würden, Anknüpfungspunkte und Gemeinsamkeiten zu entdecken.
Meine eigenen Kriterien sind geographisch ohne Einschränkung. Deshalb habe ich mir über 150 Profile von Partnervorschlägen angesehen. Vermutlich werden meine Besuche allen angezeigt. Mein Profil wurde aber nur siebenmal aufgerufen.
Ich habe selbst ungefähr sechs Kontakte initiiert. Das Ergebnis waren zwei Absagen und ein kurzer Kontakt mit einem Basismitglied, der sich nicht weiterführen läßt. Die anderen haben nicht einmal geantwortet.

Beim vorherigen Mal habe ich erlebt, wie jemand bemüht ist, seine bezahlte Mitgliedschaft bestmöglich zu nutzen. Ein Partnervorschlag aus meiner Nähe wollte sich schnell und ohne vorbereitenden Mailkontakt mit mir treffen. Ich bin darauf eingegangen, und nach nicht einmal zwei Stunden hat er sich verabschiedet. Offensichtlich war ich da für ihn schon abgehakt, weil er höchstwahrscheinlich von vornherein kein echtes Interesse an mir hatte. Solche Treffen sind überflüssig.
Ich habe den deutlichen Eindruck, daß er seine asymmetrische Machtposition als zahlendes Mitglied dazu benutzt hat, sich durch schnelle und oberflächliche Treffen mit vielen Frauen von der Mühe eines sorgfältigeren und tiefergehenden, vorbereitenden Kontaktes mit jeder einzelnen bequem loszukaufen. Selbst wenn man bewußt sich ohne Erwartungen auf solche sinnlosen Treffen einläßt, erzeugt ein solcher Mann sicherlich gelegentlich unnötige und vermeidbare Enttäuschungen.


Für ausschließlich ernsthaft Monogamiesuchende ist ein völlig anderes Mitgliedschaftskonzept erforderlich. Dieses Konzept berücksicht beide Komponenten gleichermaßen, sowohl die sorgfältige und geduldige Partnersuche als auch das ökonomischen Denken kostenbewußter Menschen.

Mein Vorschlag an Parship:
Ein Mitgliedschaftskonzept auf der Basis von Premiumtagen im Paket.
Dieses Konzept kombiniert flexibel die Vorteile der kostenlosen Basismitgliedschaft mit den Vorteilen der bisherigen Premiummitgliedschaft. Verkauft werden dabei aber nicht mehr lange und teure Premiumzeiträume, sondern einzeln abrufbare Premiumtage als Paket, auf der Basis von x einzelnen Tagen, nutzbar innerhalb von y Jahren.
Bei diesem Konzept kann man sich wie ein Basismitglied ohne Kosten einloggen, um Partnervorschläge anzusehen. Sobald man dann Nachrichten lesen oder schreiben will, wird das dadurch ermöglicht, daß ein Premiumtag aus dem Paket abgerufen wird. Damit lassen sich danach 24 Stunden lang alle Funktionen benutzen. Wer von einem Nurbasismitglied eine Antwort möchte, kann Tage aus dem eigenen Paket auf andere übertragen.

Dieses Konzept hätte mehrere Vorteile.
1. Da während Zeiten der Inaktivität bei Parship keine Kosten laufen, wird dadurch die Bereitschaft, sich exklusiv auf das Kennenlernen mit nur einer Person gleichzeitig zu beschränken, gefördert und erleichtert.
2. Es ermöglicht und erleichtert es auch, von Kontakten die vorübergehende Exklusivität zu fordern, weil diese Forderung es nicht automatisch mit sich bringt, daß man damit dem anderen unnötige Kosten und Geldverschwendung zumutet.
3. Wenn durch ein solches Konzept Exklusivität zur erklärten und geförderten Norm für ernsthaft und langfristig Partnersuchende gemacht wird, wird dadurch das Risiko, daß ernsthaft Partnersuchende verletzt werden, vermindert. Wer dann trotzdem Partnersuchende verletzt, tut das nicht aus ökonomischen, rational nachvollziehbaren Gründen, sondern wirklich aus Rücksichtslosigkeit, Verantwortungslosigkeit und Egoismus.
4. Wer Premiumtage kauft, hat wirklich die Möglichkeit, mit allen Mitgliedern Kontakt aufnehmen zu können.
5. Aktivität lohnt sich, denn häufiges Einloggen und Überprüfen der Partnervorschläge kostet nichts, trotzdem ist immer auch die Option gegeben, gegebenenfalls Kontakt aufnehmen zu können. Frustration und Enttäuschung werden vermieden, wenn niemand in die Situation kommt, trotz zeitabhängig bezahlter Mitgliedschaft niemanden passendes für eine Kontaktaufnahme zu finden.