AW: Umgang mit unterschiedlichen Erwartungen
Zitat von carlo:
Das zeigt mir, wie unklar ich in der Sache bin. Sehe halt in meinem ganzen Aufgewühltsein den Wald vor lauter Bäumen nicht. ;-) Und verzeih’, wenn ich auf Manches nur etwas allgemein eingehe; Manches ist mir einfach zu „privat“ und ich schreibe ja hier auch über „ihn“.
Liebe Carlo, ich empfinde Dich gar nicht als unklar.
Und dass Du "allgemein" bleibst, finde ich völlig in Ordnung.
Ich habe dese Fragen gestellt, weil ich den Eindruck hatte, dass Dir eigentlich alles klar ist, Du aber nicht genau weißt, wie Du das Problem lösen sollst. Und hier möchte ich jetzt darauf hinweisen, dass ER durch sein Verhalten dieses Problem geschaffen bzw. verschärft hat. Das wiederum bedeutet, dass nicht Du allein für die Lösung dieses Problem verantwortlich bist.
Zitat von carlo:
;-) Ich denke, es geht um Beides. Ich erwarte aus seinem Verhalten in bestimmten Situationen ein bestimmtes Verhalten in anderen Situationen. Sowohl was Nähe/Distanz betrifft, als auch was Kommunikationsverhalten betrifft. Wir haben das ja hier immer wieder, wenn jemand ein paar mal geschrieben hat und sich dann einfach nicht mehr meldet. Die Tatsache, dass jemand schreibt, erzeugt eine moralische Pflicht, die natürlich jederzeit in Frage zu stellen ist. Aber ganz ohne solche Muster können wir ja auch nicht leben...
Ich habe gerade lange und genüsslich in der Badewanne gelegen und dabei (auch) an Dich gedacht. Dabei kam mir ein Bild in den Sinn:
Du - in der Gestalt einer herangereiften Bärin - unterbrichst Deinen Winterschlaf, weil Du Hunger verspürst. Du verlässt etwas schlaftrunken Deine Höhle und wirst plötzlich ganz aufmerksam, weil Dir der Duft von Honig in die Nase steigt. Und tatsächlich, ganz in der Nähe steht ein großes Fass voll goldenem, herrlichen Honig. Du schnupperst erst und fängst dann an, den Honig zu futtern. Doch es ist wirklich sehr viel, das kannst Du alles gar nicht auf einmal schaffen. Und außerdem bist Du ja auch sehr müde; also begibst Du Dich zurück in Deine Höhle und schläfst weiter. Du träumst von dem riesigen Fass Honig und wachst schon einen Tag später wieder kurz auf... Du musst unbedingt zu dem Honig und gehst zurück zu der Stelle, wo das Fass stand - aber es ist weg! Enttäuscht hältst Du Deine Nase in die Luft - und kannst den Honig deutlich schnuppern. Dem Duft folgend findest Du das Fass etwa weitere 300 Meter entfernt von Deiner Höhle. Einfach herrlich! So oder so ähnlich geht es dann weiter - bis Du das Fass nur wenige Meter vor der Höhle eines Jägers stehen siehst...
Mir ist völlig klar, dass dieses Bild über meinen derzeitigen emotionalen Zustand mehr aussagt als über Deine Situation :-D
Aber trotzdem: Ich möchte Dir raten zu prüfen, ob Dein Liebster sich bewusst, zu Teilen bewusst oder unbewusst so verhält. Da Du schreibst
Zitat von carlo:
Es ist einerseits ein Wesenszug von ihm und ich kenne auch einen Grund, über den ich hier nicht schreiben will. Trotzdem sollte ein erwachsener Mensch wenigstens darüber sprechen können.
(und auch aus anderen Gründen) vermute ich eher Taktik als Unfähigkeit oder zumindest irgendeine Schnittmenge von beidem.
Darüber nicht sprechen zu WOLLEN, kann auch Taktik sein, werte ich aber nicht mehr als Nähe-Distanz-Problem sondern als Macht-Ohnmacht-Problem!
Zitat von carlo:
;-) Wiederum ungenau geschrieben. Unwissenheit kann zu Missverständnissen und Konflikten führen. Je weniger ich über jemand weiß, desto mehr stütze ich mich auf Annahmen; aus meiner Erfahrung ist es sehr schwer in der Schnelligkeit des Lebens immer erwartungslos zu sein. So funktioniert unser Gehirn nicht. Das hat ständig Annahmen parat, wie jemand reagieren sollte. Ich hatte schon an anderer Stelle geschrieben, dass wir in vielen Dingen sehr gleich ticken, aber in anderem Sinne ganz unterschiedlich sozialisiert sind. Das habe ich schon von Anfang an als Herausforderung verstanden, nicht zu viel und zu schnell Schlüsse von der Harmonie in bestimmten Bereichen auf andere, noch unbekannte Bereiche zu ziehen. Das geht aber nur bedingt und ich bin wohl deutlich an meine Grenzen gestoßen, so wie er auch.
Grenzen sind in meinen Augen nichts Negatives.
Auch Erwartungen halte ich nicht nur für normal, sondern für wichtig.
Schwierig wird es, wenn jemand eigene Erwartungen nicht angemessen kommuniziert, noch schwieriger, wenn jemand herummanipuliert, weil eine andere Person die noch nicht einmal ausgesprochenen Erwartungen erfüllen soll.
Zitat von carlo:
Genau. Und doch meinen wir immer wieder, das was wir normal finden, sei auch für andere „normal“. Und Nähe/Distanz ist ja gerade in Liebesdingen eine vertrackte Sache, weil so zentral.
Meine volle Zustimmung. Und wo rangiert bei Dir Macht/Ohnmacht?
Zitat von carlo:
Für mich ist diese komplette Bedürfnislosigkeit eine Illusion. Wenn mir an jemand liegt, wenn ich mir seine Nähe wünsche, ist es mir eben nicht egal, ob, wie oft und lange er sie mir gibt. Mag sein, dass ich bloß das vollständige Karma noch nicht erreicht habe, aber ich empfinde meine Emotionalität als Stärke.
Für mich auch.
Es freut mich sehr, dass Du Deine Emotionalität als Stärke empfindest.
Zitat von carlo:
Er sagt, ich bin zu emotional. Ich sage, er blendet sein unangemessenes Verhalten (Wutmännchen) an dieser Stelle aus. Es fehlte bisher die Zeit bzw. ich glaube, wenn wir uns darüber verständigen können, dann wird das ein längerer schrittweiser Prozess. Er hat ja Andeutungen gezeigt, dass er weiß, dass das nicht so toll war, wie er im Konflikt tat. Das wäre eine Chance. Für uns, für ihn, für mich.
Das hört sich sehr stark an.
Allerdings beschleicht mich schon wieder das Gefühl, dass Du Dich unterordnest. Oder ist dieses Gefühl überzogen?
Zitat von carlo:
Ich meine, bei so empfindlichen Themen ist es besser, nicht so sehr das direkte Gespräch zu suchen, sondern eher so iterativ und indirekt vorzugehen. Sonst macht der andere nur dicht und ich kann das verstehen. So erfahre ich es ja gerade.
Hier bin ich ziemlich ratlos. Handelt es sich um ein "so empfindliches Thema"? Oder handelt es sich eventuell um "Basics"?
Du kannst verstehen, dass jemand dicht macht, wenn Du eine Erklärung dafür haben willst, warum er Dich einfach ohne Entschuldigung versetzt hat?
Neben der Ohnmacht und dem Schmerz - macht Dich das nicht wütend?
Liebe Grüße
Raphaela