AW: Seelische Energie
Hallo Löwe444,
hier eine Erklärung des Begriffes (aus dem PARSHIP-Persönlichkeitsgutachten):
Jeder kennt das Bild, das unsere Konflikte visualisiert: Auf der linken Schulter sitzt ein rotes Teufelchen, rechts ein weißes Engelchen. Während wir gierig ins Schaufenster starren, flüstert es von links: „Diese Schuhe musst du haben! Schnell die Kreditkarte gezückt und fertig! Die sind wie gemacht für den neuen Rock!“ Rechts hält dagegen: „Von dem Geld müssen andere Menschen ein paar Monate leben. Du solltest lieber sparen und nicht ständig Geld ausgeben, das du noch gar nicht auf dem Konto hast.“
Der Streit zwischen Teufelchen und Engelchen begleitet uns unser ganzes Leben. Er steht für die Auseinandersetzung zweier Kräfte, die in uns wohnen. Eine treibt uns, Lust und spontaner Laune zu folgen, die andere warnt vor Konsequenzen, kontrolliert und lenkt unser Verhalten in geregelte Bahnen.
Lust ist eine seelische Urkraft. Wir werden mit ihr geboren, sie sorgt dafür, dass wir unsere Bedürfnisse stillen: Hunger und Durst, das Bedürfnis nach Nähe und Sex. Die Kontrollinstanz dagegen wächst mit der Zeit heran.
Wenn wir auf die Welt kommen, ist alles einfach. Wir leben im Paradies, unser unmittelbares Verlangen äußern wir laut und deutlich, sofort wird es gestillt. Aber schon bald kann das Kind stehen und würde gerne alles abräumen, ausräumen, alles erforschen, in den Mund stecken und sich einverleiben. Irgendwann werden alle verantwortlichen Eltern den Radius zum eigenen und dem Wohl des Kindes einschränken und sie werden die Aktionen kommentieren. Das Kind wird von außen kontrolliert, damit es lernt, sich später selbst zu kontrollieren. Aus den Regeln der Eltern, Großeltern, Lehrer und Erzieher werden Normen und Einstellungen, die uns helfen, unser Leben eigenständig zu meistern und mit anderen Menschen auszukommen. Wir kontrollieren uns selbst. Und gegen all das arbeitet kontinuierlich die Lust. Die Lust auszusteigen, auszuschlafen, sich auszutoben.
Sigmund Freud hat diese Konstellationen benannt und theoretisch unterfüttert. Libido nannte er die Kräfte der Lust, Über-Ich alles Kontrollierende. Bei jedem Menschen sind diese beiden Kräfte unterschiedlich ausgebildet und verteilt. Bei zurückhaltenden, antriebslosen Menschen mit wenig Erwartungen und Eigeninitiative ist zum Beispiel davon auszugehen, dass Lust und Selbstkontrolle gleichermaßen schwach ausgeprägt sind. Menschen, in denen beide Kräfte gleich und stark vorhanden sind, treten oft mitreißend und temperamentvoll auf, sie geben sich mit Leidenschaft hin und setzen ihre Energie dennoch sinnvoll und dosiert ein. Dominiert das Lustprinzip, lassen wir uns gerne und spontan zu allem Möglichen hinreißen. Das geschieht oft ohne Rücksicht auf eigene Verluste und die anderer Menschen. Personen, bei denen Selbstkontrolle überwiegt, stehen häufig sich selbst und den Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung im Weg. Zu oft verbieten sie sich die Freude an der Lust. In Partnerschaften ist das Spiel der Kräfte von höchster Bedeutung. Die individuellen Ausprägungen von Sinnlichkeit, Spontaneität, lustbetontem Verhalten und die Ansprüche an sich selbst entscheiden über die Dynamik einer Partnerschaft und bestimmen Verständnis und Harmonie. Dabei ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lust und Selbstkontrolle immer von Vorteil. Wirken beide Kräfte stark, verspricht das eine Beziehung, in der es nicht langweilig wird. Beide sorgen für Feuer, wissen aber auch, wo die Grenzen sind. Bei weniger ausgeprägten Werten können Sie sich auf eine ausgeglichene und harmonische Partnerschaft freuen.
Herzliche Grüße,
M. Ernst