Ha - meine Rede! Wir wären ja fast beieinander, wenn nur das Ding mit dem Entstiegensein von Rollenklischees nicht gewesen wäre.
Ich mag Gendering und käme im Leben gar nie nicht auf die Idee, ein Unisex- oder Damenparfum zu tragen (wenn ich eins für Männer kreieren dürfte, würde es nach Asphalt, Castrol und verschlissener Kupplung riechen und "Parabolica" heißen, jawoll!), würde Louboutins als feminines Allgemeingut am liebsten im Grundgesetz verankern, damit ich diese omnipräsenten Unisex-Latschen namens "Sneakers" nicht mehr sehen muss und zahle WIRKLICH GERN mehr Autoversicherung, weil mir kaum etwas mehr Freude bereitet als über Landstraßen und Pässe zu jagen, bis der 6-Ender im Heck um Gnade winselt.
Wenn dann das Umfeld irritiert ist, weil dieser schlimme Rowdy im Windsor und Oxfordern seiner Liebsten gründsätzlich die Türen aufhält, sie sich die verlorene Strähne ob des Streckenrekords mit einem lässigen "Pfff..." aus dem Gesicht bläst und mir beim Betreten des Lokals den Vortritt lässt, weil sie es für eine Tugend hält, eine Lady niemals zuerst unbekanntes Terrain betreten zu lassen, ich ihr dafür den Stuhl zurechtrücke und sie so genüsslich wie ungeniert ihren Lippenstift nachzieht, während sie mir beim Essen von ihrer anstehenden Präsentation über die meeresbiologischen Folgen fernöstlicher Walfangquoten erzählt, ich sie deswegen vor allen auf die Stirn küssen darf und sie mir die Übernahme der Zeche anbietet, obwohl sie weiß, ich nähme das fürderhin nicht an... - dann war das für mich ein sehr erfolgreicher Tag!
Liebe Julianna, mein Text muss Dir fast zwangsläufig wie der erste Teil von "The Exorcist" vorgekommen sein, hoffe aber, Du hättest den Schalk ebenso entdeckt wie die Wahrheit im Kerne.

Bin ich deswegen dem Rollenklischee verhaftet und ihm nicht entstiegen wie Du?
Ich denke nicht, denn auch mir ist bewusst, wie wichtig die Gleichstellung ist und was eine moderne Frau leisten muss, bestehe aber darauf, sich sowohl als Frau als auch als Mann dem jeweiligen Stereotyp hingeben zu dürfen, wenn es ihnen Freude bereitet, womit ich wieder beim Anfang dieses Threads wäre:
Emanzipation, Hochschulbildung und klassische Rollenbilder dürfen kein Widerspruch in sich werden, und noch viel weniger ein Freibrief, sich fürs andere Geschlecht nicht mehr ins Zeug legen zu müssen.