A
*Andrea*
Gast
- #28.621
Danke für eure Antworten (@Luzi99 @Sevilla21 @Obeserver @fafner @Look und ganz besonders @Traumichnich )!
Ihr habt wohl ein Stück weit schon Recht, obwohl ich andererseits auch denke, dass ich möglicherweise um einiges mehr an (auch ganz unterschiedlichen!) Erfahrungen mit dem Ausländerthema habe als die meisten Mitmenschen, sowohl private wie auch berufliche, in der Schweiz und im Ausland, und mich auch im Studium und meiner Forschung sehr intensiv mit solchen Fragen (Migration, Integration, Fremdheit, Ausgerenzung) auseinandergesetzt habe. Und dann schmerzt es, wenn ich dieses Wissen und Verständnis, das ich über dieses Thema habe, nicht rüberbringen kann, weil die meisten anderen aus ihren Prägungen heraus schon ursprünglich ganz anders an dieses Thema herangehen und diese Problematik ausserdem auch stark politisch aufgeladen ist und zum Teil dazu (in meinen Augen jedenfalls) in der Öffentlichkeit sehr unberechtigte und unfaire Emotionen geschürt werden. Es schmerzt mich auch in meinem Privatleben, wenn mich Leute dazu nicht ernst nehmen, obwohl ich von ihnen weiss, dass sie selbst kaum persönliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben und sich ausserdem auch nie differenziert damit auseinandergesetzt haben.
Nachdem ich gestern morgen hier meine Frage an euch gepostet hatte, habe ich einen Spaziergang zur Arbeit gemacht (gut, musste ich gestern erst spät anfgangen, denn ich habe den Spaziergang dringend gebraucht!). Dabei ist mir dann plötzlich klar geworden, dass ich vielleicht viel weniger als andere (oder sogar gar nicht?) ein an sich ganz normales psychologisches Phänomen zeige.
Im Studium habe ich mal einen sozialpsychologischen Artikel über das Thema Gruppenbildung, Gruppenzugehörigkeit und ihre Folgen gelesen. Da hat man bei einer Studie gesehen, dass es schon als Ursache ausreicht, einander ansonsten gänzlich unbekannte Menschen in einem Raum in zwei willkürliche Gruppen A und B einzuteilen, damit diese danach anfangen, sich in ihrem Verhalten gegenüber denjenigen, die als der gleichen Gruppe vs. der anderen Gruppe zugehörig deklariert wurden, ganz unterschiedlich zu zeigen. Es reicht also aus, bloss zu sagen, der gehört zu deiner Gruppe A, und der andere zu der Gruppe B, damit die Leute ganz automatisch anfangen, zu unterscheiden und zu diskriminieren, ohne dass dazu eine Aufforderung oder irgend ein anderer Grund bestand. Das wurde als normales menschliches Verhalten bezeichnet.
Nun habe ich mich erst im Alter von etwa 38 Jahren zum ersten Mal irgendwo wirklich zugehörig gefühlt. Das kam mir gestern auf meinem Spaziergang in den Sinn. Vielleicht hat mich das dermassen geprägt, dass ich diese ansonsten normale Verhaltensweise kaum zeige. Ich empfinde, so glaube ich wenigstens, wenn ich darüber nachdenke, keine grössere Nähe, Empathie, kein mehr an Mitgefühl, Solidarität oder Sorge für einen Mann, der in Afrika lebt als für eine Frau, die in meiner Nachbarschaft wohnt (jedenfalls solange ich keinen von beiden kenne). Mir tut es genauso weh, wenn ich über Unglück und Leid in Asien lese wie in der Schweiz. Und ich habe bisher nie verstanden, dass das andere nicht auch so sehen oder zumindest nachvollziehen können, wie das bei mir ist.
Meine erste Erfahrung des Gefühls, mit jemandem auf der gleichen Wellenlänge zu sein, war im Rahmen einer kurzen Begegnung mit anschliessender Brieffreundschaft mit einem Mann (Araber) im Nahen Osten. Ich kann mich daran erinnern, dass ich darüber sehr erstaunt war, dass jemand so ähnlich denkt wie ich, und dass ich dann dachte, dieser Mann ist mir näher als mein Bruder, der fast gleich alt wie ich ist, und die wir, zumindest in der Familie, im Kindergarten und in der Unterstufe doch beinahe dieselben Erfahrungen und die gleiche Sozialisierung durchgemacht haben...
Später habe ich mich immer sehr für die Fremden, Ausgegrenzten und anderswo in Krieg oder Armut lebenden Menschen engagiert. Ich konnte gar nicht anders. Es tut mir nach wie vor sehr weh, die Nachrichten zu hören oder zu lesen, und es macht mich oft sehr wütend, weil ich den Eindruck habe, dass nicht objektiv berichtet, sondern immer mit ungleichen Ellen gemessen wird, rein aus der Tatsache heraus, ob jemand Glück oder Pech hatte, wo er geboren wurde. Aber ich emfinde oft und in den letzten Jahren vermehrt auch die Artikel in Zeitungen, die eine ähnliche politsche Haltung wie ich haben, als nicht genügend objektiv, wenn auch viel weniger als in bürgerlichen Medien.
Vielleicht ticke ich ja einfach ganz anders als die Mehrheit. Und vielleicht lassen sich gewisse Unterschiede in politischen Haltungen auch ganz simpel so erklären. Denn dass auch Menschen, die ganz anders als ich denken, nicht unbedingt böse, rein eigennützig oder dumm sein müssen, habe ich schon lange gemerkt. Aber ich kann die Welt nicht anders sehen, als ich das tue, und manchmal tut es weh, rein deshalb wieder neue Erfahrungen machen zu müssen, trotz aller Bemühen doch wieder nicht ganz dazu gehören zu können.
Ihr habt wohl ein Stück weit schon Recht, obwohl ich andererseits auch denke, dass ich möglicherweise um einiges mehr an (auch ganz unterschiedlichen!) Erfahrungen mit dem Ausländerthema habe als die meisten Mitmenschen, sowohl private wie auch berufliche, in der Schweiz und im Ausland, und mich auch im Studium und meiner Forschung sehr intensiv mit solchen Fragen (Migration, Integration, Fremdheit, Ausgerenzung) auseinandergesetzt habe. Und dann schmerzt es, wenn ich dieses Wissen und Verständnis, das ich über dieses Thema habe, nicht rüberbringen kann, weil die meisten anderen aus ihren Prägungen heraus schon ursprünglich ganz anders an dieses Thema herangehen und diese Problematik ausserdem auch stark politisch aufgeladen ist und zum Teil dazu (in meinen Augen jedenfalls) in der Öffentlichkeit sehr unberechtigte und unfaire Emotionen geschürt werden. Es schmerzt mich auch in meinem Privatleben, wenn mich Leute dazu nicht ernst nehmen, obwohl ich von ihnen weiss, dass sie selbst kaum persönliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben und sich ausserdem auch nie differenziert damit auseinandergesetzt haben.
Nachdem ich gestern morgen hier meine Frage an euch gepostet hatte, habe ich einen Spaziergang zur Arbeit gemacht (gut, musste ich gestern erst spät anfgangen, denn ich habe den Spaziergang dringend gebraucht!). Dabei ist mir dann plötzlich klar geworden, dass ich vielleicht viel weniger als andere (oder sogar gar nicht?) ein an sich ganz normales psychologisches Phänomen zeige.
Im Studium habe ich mal einen sozialpsychologischen Artikel über das Thema Gruppenbildung, Gruppenzugehörigkeit und ihre Folgen gelesen. Da hat man bei einer Studie gesehen, dass es schon als Ursache ausreicht, einander ansonsten gänzlich unbekannte Menschen in einem Raum in zwei willkürliche Gruppen A und B einzuteilen, damit diese danach anfangen, sich in ihrem Verhalten gegenüber denjenigen, die als der gleichen Gruppe vs. der anderen Gruppe zugehörig deklariert wurden, ganz unterschiedlich zu zeigen. Es reicht also aus, bloss zu sagen, der gehört zu deiner Gruppe A, und der andere zu der Gruppe B, damit die Leute ganz automatisch anfangen, zu unterscheiden und zu diskriminieren, ohne dass dazu eine Aufforderung oder irgend ein anderer Grund bestand. Das wurde als normales menschliches Verhalten bezeichnet.
Nun habe ich mich erst im Alter von etwa 38 Jahren zum ersten Mal irgendwo wirklich zugehörig gefühlt. Das kam mir gestern auf meinem Spaziergang in den Sinn. Vielleicht hat mich das dermassen geprägt, dass ich diese ansonsten normale Verhaltensweise kaum zeige. Ich empfinde, so glaube ich wenigstens, wenn ich darüber nachdenke, keine grössere Nähe, Empathie, kein mehr an Mitgefühl, Solidarität oder Sorge für einen Mann, der in Afrika lebt als für eine Frau, die in meiner Nachbarschaft wohnt (jedenfalls solange ich keinen von beiden kenne). Mir tut es genauso weh, wenn ich über Unglück und Leid in Asien lese wie in der Schweiz. Und ich habe bisher nie verstanden, dass das andere nicht auch so sehen oder zumindest nachvollziehen können, wie das bei mir ist.
Meine erste Erfahrung des Gefühls, mit jemandem auf der gleichen Wellenlänge zu sein, war im Rahmen einer kurzen Begegnung mit anschliessender Brieffreundschaft mit einem Mann (Araber) im Nahen Osten. Ich kann mich daran erinnern, dass ich darüber sehr erstaunt war, dass jemand so ähnlich denkt wie ich, und dass ich dann dachte, dieser Mann ist mir näher als mein Bruder, der fast gleich alt wie ich ist, und die wir, zumindest in der Familie, im Kindergarten und in der Unterstufe doch beinahe dieselben Erfahrungen und die gleiche Sozialisierung durchgemacht haben...
Später habe ich mich immer sehr für die Fremden, Ausgegrenzten und anderswo in Krieg oder Armut lebenden Menschen engagiert. Ich konnte gar nicht anders. Es tut mir nach wie vor sehr weh, die Nachrichten zu hören oder zu lesen, und es macht mich oft sehr wütend, weil ich den Eindruck habe, dass nicht objektiv berichtet, sondern immer mit ungleichen Ellen gemessen wird, rein aus der Tatsache heraus, ob jemand Glück oder Pech hatte, wo er geboren wurde. Aber ich emfinde oft und in den letzten Jahren vermehrt auch die Artikel in Zeitungen, die eine ähnliche politsche Haltung wie ich haben, als nicht genügend objektiv, wenn auch viel weniger als in bürgerlichen Medien.
Vielleicht ticke ich ja einfach ganz anders als die Mehrheit. Und vielleicht lassen sich gewisse Unterschiede in politischen Haltungen auch ganz simpel so erklären. Denn dass auch Menschen, die ganz anders als ich denken, nicht unbedingt böse, rein eigennützig oder dumm sein müssen, habe ich schon lange gemerkt. Aber ich kann die Welt nicht anders sehen, als ich das tue, und manchmal tut es weh, rein deshalb wieder neue Erfahrungen machen zu müssen, trotz aller Bemühen doch wieder nicht ganz dazu gehören zu können.