Und wenn Du den meinst, der mit Eva Braun liiert war - als Mensch im Alltag war er vermutlich auch liebenswert. Sehr sogar, sonst hätte er nicht so viele in seinen Bann gezogen
Um Menschen in den eigenen Bann zu ziehen braucht's keine Liebenswürdigkeit, dafür reicht profanes rhetorisch-propagandistisches Handwerkszeug. Riefelstahls Filme funktionieren nicht ob ihrer Liebenswürdigkeit, sondern weil sie solides Handwerk abgeliefert hat. Die Kinderwagen-Szene in Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin funktioniert nicht ob der Liebenswürdigkeit der Beteiligten, sondern weil auch dort solides Handwerk abgeliefert wurde. Goebbels "Wollt ihr den totalen Krieg?" hat nicht funktioniert, weil die Menschen im Sportpalast ihn alle für 'nen liebenswürdigen Menschen gehalten haben, sondern weil diese Rede handwerklich sauber ausgearbeitet war. Churchills große Reden haben nicht verfangen, weil er ein liebenswürdiger Mensch war, sondern weil auch er schlicht sein rhetorisches Handwerkszeug hervorragend beherrscht hat.
Das erfolgreiche Beeinflussen einer großen Zahl von Menschen hat mit Liebenswürdigkeit rein gar nichts zu tun, eher im Gegenteil: Diejenigen, die gemeinhin als besonders "liebenswürdig" charakterisiert werden bringen in aller Regel nicht die Eigenschaften mit die es dafür braucht. Um beim weniger verfänglichen Churchill zu bleiben: Was er in "We shall fight on the beaches" unter anderem sagt ist, dass sein Land, komme was wolle, sich nie ergeben wird. Im Klartext: Egal wie aussichtlos die Lage auch werden mag, es wird weitergekämpft, Verluste hin oder her, und das nicht nur in Bezug auf britische Soldaten, sondern auch im Hinblick auf die Zivilbevölkerung.
Das mag politisch richtig gewesen sein, gleichzeitig war es aber auch in gewisser Weise skrupellos (nicht negativ wertend gemeint) und weit von dem entfernt was man landläufig unter "liebenswert" versteht. Mit einem "liebenswerten" Premierminister hätte es sein Land an der Stelle wesentlich schwerer gehabt den Krieg zu gewinnen.