Nun, ich kann's zumindest mal versuchen.

Verantwortung habe ich in gewisser Weise nur für meine Entscheidungen, nicht jedoch für das, was dann tatsächlich passiert, weil vieles davon außerhalb meines Einflussbereichs liegt.
Wenn wir unter "Planen" verstehen, dass ich mir alle mir verfügbare Fakten ansehe und dann ein sachlich begründbares Vorgehen festlege, dann grenzt das in gewisser Weise die Freiheit meiner Entscheidungen ein. All das, was die Faktenlage nicht hergibt ist schon mal nicht mehr Teil des Plans. Ich habe, überspitzt formuliert, weniger Chancen mit meiner Entscheidung mit Blick auf die Fakten so richtig ins Klo zu greifen. Ich habe im Zweifel nach bestem Wissen und Gewissen auf Basis eines nachvollziehbaren Kenntnisstands geplant, auf das, was dann kommt habe ich zumindest in Teilen keinen Einfluss und insofern auch keine Verantwortung.
Halbwegs nachvollziehbar?
Ja. Aber das, was passiert liegt dann ggf. außerhalb meiner Verantwortung. Wenn ich bspw. einen Ausflug mit Freunden plane, mit die verfügbaren Wetterberichte und dergleichen ansehe und statt des Sonnenscheins plötzlich ein Unwetter herrscht und irgendwer zu Schaden kommt liegt das, sofern ich meine Hausaufgaben bei der Planung ordentlich gemacht habe, außerhalb meiner Verantwortung.
Man schaue sich beispielsweise die soziale Selektivität des deutschen Bildungssystems an und mache sich dann bewusst, warum das "angeblich" in obigem Satz zu wichtig ist. Theoretisch kann jeder alles erreichen, wenn man sich jedoch die Zahlen anguckt merkt man schnell, dass das in der Realität mitunter recht anders aussieht.
Ich halte mal dagegen: "Früher": Wer am Boden liegt hat offenbar Gottes Strafe für Was-auch-immer zu erdulden. "Heute": Wer am Boden liegt erhält die Untersützung der Gesellschaft in Form einer materiellen Existenzsicherung.
Ich denke, an der Stelle hat sich unser
Glaube gewandelt, früher an
Gott, heute an die
Freiheit, ansonsten ist alles beim Alten geblieben. Wer früher helfen woltle hat geholfen, wer draufhauen wollte hat draufgehauen, so wie heute auch.
Wenn ich nahezu unendliche Möglichkeiten habe kann ich nicht wirklich fundiert Planen, weil ich die Folgen all dieser Möglichkeiten in endlicher Zeit nie werde abschätzen können.
Man schaue sich die Bildungsbeteiligungsquoten in Deutschland in Abhängigkeit des Elternhauses an und wundere sich. Wer heute als Kind von Eltern ohne Schulabschluß zur Welt kommt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Hochschule von innen sehen, wer Akademiker als Eltern hat kann sich, ich überspitze das mal, im Grundschulalter schon mal nach der Studentenbude umsehen.
In Zahlen: Von 100 Kindern aus Akademikerhaushalten beginnen 79 ein Studium, bei Nicht-Akademikern sind es gerade mal 27 von 100 (
http://www.datenportal.bmbf.de/portal/de/grafik-2.3.31.pdf).
Lehmann/Peek haben schon 1997 gezeigt, dass selbst Schulempfehlungen von Leherinnen und Lehrer mehr vom Bildungsstand der Eltern als von den Fähigkeiten der Kinder abhingen:
Diese Ergebnisse bestätigen zunächst die immer wieder berichtete Abhängigkeit der Empfehlungspraxis derGrundschulen von Faktoren des sozialen Kontextes. So steigt die Wahrscheinlichkeit, eine Gymnasialempfehlungzu erhalten, in deutlicher Abhängigkeit vom Bildungsabschluß des Vaters, wobei das Kind eines Vaters mit Abitureine rund viereinhalbfache Chance für eine Gymnasialempfehlung hat wie das Kind eines Vaters ohneSchulabschluß. Der Effekt ist übrigens noch stärker, wenn man die Bildungsabschlüsse der Mütter betrachtet:Kinder von Müttern mit Abitur haben im Vergleich zu Kindern von Müttern ohne Schulabschluß (ohne Tabelle)die sechseinhalbfache Chance, für das Gymnasium empfohlen zu werden. Allerdings ist dem Einwand zubegegnen, daß sich die Chancen von Kindern aus verschiedenen Bildungsschichten nur deshalb unterscheiden, weilauch ihre Schulleistungen voneinander abweichen. Die Angaben zu den gruppenspezifischen Standards zeigenindessen jenseits allen vernünftigen Zweifels, daß die Grundschülerinnen und Grundschüler – je nach Bildungsnähedes Elternhauses – mit sehr unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert werden: Das Kind eines Vaters ohneSchulabschluß muß ein Leistungsniveau aufweisen, das noch wesentlich über dem durchschnittlichen Testwert der"Springer" liegt, um mit einiger Wahrscheinlichkeit für das Gymnasium empfohlen zu werden. Dem Kind einesVaters mit Abitur dagegen genügt eine Testleistung, die noch unter dem allgemeinen Durchschnitt liegt!
(
https://bildungsserver.hamburg.de/c...7ca449c/data/pdf-schulleistungstest-lau-5.pdf)
Geändert hat sich seitdem nichts, im Gegenteil, solche Empfehlungen sind inzwischen noch bindender geworden.
Mit Verlaub, aber die Vorstellung, dass der Schustersohn heute völlig problemlos jeden Beruf ergreifen könnte und dass Bildungserfolg heute primär vom persönlichen Leistungsvermögen und der persönlichen Leistungsbereitschaft abhängt ist vorsichtig formuliert naiv und deckt sich nicht mit der entsprechenden Datenbasis, wie man sie beispielsweise seit Jahrzehnten in den Sozialerhebungen des DSW findet.