wernero

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  • #1

"Jungfrau" mit 60

Ich bin jetzt bald 60 und noch immer allein. Und das heißt, ich hatte noch nie eine "Beziehung", - und auch keinen Sex. Wenn ich so manche Beiträge hier lese, -aber auch die Darstellung zu dem Thema in den Medien,- habe ich das Gefühl völlig abnormal und krank zu sein. Einer Frau, der ich das erzählt habe, wollte gar nicht glauben, daß es das gibt.
Dabei kenne ich einige Männer in meinem Alter, die auch noch nie eine Frau gefunden haben, -oder seit einer kurzen Beziehung vor langer Zeit (ca. 20 Jahre) allein geblieben sind,-obwohl sie gesucht haben.

So einfach ist es eben nicht: Ich bin nicht in einer Welt aufgewachsen, in der Sex ein unverbindliches Vergnügen ist, das mann mit einem Mädchen einfach mal macht. Und ich tue mir sehr schwer andere Menschen anzusprechen und kennenzulernen und gar zu flirten. Ich weiß nicht, was ich da sagen soll, das habe ich nie gelernt.
In einer sozialen Umgebung wie Arbeit, Verein, Nachbarschaft,... habe ich das Problem nicht, aber da sind kaum Frauen aufgetaucht, die noch allein waren. Und wenn es doch mal eine gab und ich es versucht habe, wurde ich abgewiesen.
Bleibt also nur Parship und Co. Das habe schon vor 20 Jahren mal versucht, da hat sich nicht mal eine gefunden, die mich treffen wollte. Jetzt habe ich nochmal einen letzten Versuch gestartet. Bislang aber auch ohne Erfolg.
Hat das für mich überhaupt noch einen Sinn? Darf ich Frauen offenbaren, daß ich keine Erfahrungen habe? Sollte ich mich besser in mein Schicksal fügen und weiter allein und sexlos leben?
 

Markus Ernst

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  • #2
Hallo wernero,

vorab: ich finde es mutig und gut, dass Sie sich nach außen wenden und Hilfe annehmen wollen. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig bin ich mir aber auch sicher, dass eine persönliche (evtl. therapeutische) Aufarbeitung der Ihrer Situation zugrunde liegenden Ursachen sinnvoll wäre. Könnten Sie sich das vorstellen?

Natürlich ist es ungewöhnlich, in Ihrem Alter noch nie eine Beziehung gehabt und auch keine sexuellen Erfahrungen zu haben. Wichtig ist für Sie - idealerweise mit fachlicher Unterstützung – herauszufinden, warum das so ist. Oft steckt mehr dahinter, als ein Mangel an Gelegenheiten oder die Schwierigkeit, auf andere Menschen zuzugehen. Es könnte beispielsweise eine extrem ausgeprägte Form der Bindungsangst und/oder Bindungsvermeidung sein, die Sie unbewusst immer wieder davon abgehalten hat, intime Beziehungen einzugehen. Oft liegen die Ursachen dafür weit zurück, nicht selten spielen die früher Erfahrungen aus der Eltern-Kind-Beziehung eine wesentliche Rolle. Wenn Sie dann in der Vergangenheit auch noch schlechte Erfahrungen gemacht und Zurückweisung erlebt haben, können sich diese negativen Aspekte zusätzlich verstärken.

Zu Ihrer abschließenden Frage: Ja, es hat Sinn! Ich würde Ihnen aber zunächst empfehlen, die o.a. Themen mit einem Therapeuten zu besprechen und zu bearbeiten. Auch im fortgeschrittenen Lebensalter können gute Ergebnisse erzielt werden und Sie kommen Ihrem Wunsch nach einer erfüllenden Beziehung ein gutes Stück näher.

Alles Gute und herzliche Grüße,
Markus Ernst
 
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Windhund

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  • #3
Auch wenn ich Ihre Beiträge an anderer Stelle sehr schätze, diesmal möchte ich etwas Kritik und einen anderen Denkansatz zu diesem Thema einbringen:

Gleich an drei Stellen in diesem Beitrag wird dem FS zum Therapeuten geraten:
... (evtl. therapeutische) Aufarbeitung... idealerweise mit fachlicher Unterstützung... die o.a. Themen mit einem Therapeuten zu besprechen und zu bearbeiten....

Der FS beschreibt allerdings in seiner Frage nicht den Leidensdruck durch Einsamkeit, sondern vielmehr macht ihm die gesellschaftliche Erwartung und das Stigmata zu schaffen.
Das wird dann in der Antwort auch noch bestätigt, indem von "ungewöhnlich" geschrieben und zum Therapeuten geraten wird. Dabei gibt es Studien, nach denen etwa 10% der erwachsenen Männer bei diesem Thema eine solche Lebensbiografie aufweisen.

Warum jedoch muss seine Denkweise, seine Gefühle und sein Verhalten an die (derzeit geltende) Norm angepasst werden?
Wäre es nicht besser, ihn in dem zu bestärken, wie er ist und ihm zu raten, sich selbst eben genau so zu akzeptieren und seinen Weg zu gehen? Er ist nicht abnormal, es ist nur nicht die Mehrheit, die so lebt.

Wernero schreibt, dass er vor 20 Jahren und nun jetzt online sucht. Und dazwischen? Voll ok, wenn er es nicht gemacht hat, war eben für ihn gerade nicht das richtige. Vielleicht brennt ihm dieses Thema doch nicht so unter den Fingern wie anderen Menschen, die mit wesentlich mehr Druck bei der Sache sind.

Das ist ok, wir sind nicht alle gleich. Man muss hier nicht der Norm entsprechen, solange man keinem anderen Menschen Leid zufügt. Es ist einfach eine Laune der Natur, und man sollte sich nie zu etwas zwingen, was nur die anderen von einem erwarten aber man selbst gar nicht ist.

Dieses "sich selbst akzeptieren" kann dann nämlich die eigene Ausstrahlung derart verbessern, dass man auf neue, spannende Kontakte trifft - wo auch immer der Weg dann hinführt...
 
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Markus Ernst

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  • #4
Hallo Windhund,

vielen Dank für das konstruktive Feedback und Ihre Gedanken zu dem Thema. Ich verstehe, was Sie meinen. Mit meiner Antwort sollte allerdings nicht zum Ausdruck kommen, dass es „abnormal“ oder „therapiebedürftig“ ist, wenn ein erwachsener Mensch – egal in welchem Alter – noch nie in einer Beziehung gelebt und keine sexuellen Erfahrungen gemacht hat. In der ursprünglichen Frage gibt es Passagen, die m.E. schon dafür sprechen, dass sich beim Fragesteller eine Ratlosigkeit bzgl. der eigenen Person und ein gewisser Leidensdruck aufgebaut haben:
Und ich tue mir sehr schwer andere Menschen anzusprechen und kennenzulernen und gar zu flirten. Ich weiß nicht, was ich da sagen soll, das habe ich nie gelernt.
Und wenn es doch mal eine gab und ich es versucht habe, wurde ich abgewiesen.
Sollte ich mich besser in mein Schicksal fügen und weiter allein und sexlos leben?
Aus meiner Sicht wäre es wichtig, dass der Fragesteller sich selber besser verstehen kann, weiß, warum ihm bestimmte Dinge im zwischenmenschlichen Kontakt schwerfallen etc. - und das geht mit Unterstützung von außen einfach schneller und einfacher. Wie es dann weitergeht, ob mit oder ohne Partnerschaft, bleibt offen, für den Betreffenden ergibt sich aber meist ein klarerer Weg.

Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende,
Markus Ernst
 
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Ungezähmt

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  • #5
Super, @Windhund ,
echt ein toller Beitrag.
Ich finde das mit der "Laune der Natur" ein gutes Argument. Ich nenne es immer "Schicksal".
Es ist nicht abnormal oder krank. Aber es ist schlimm und man beginnt irgendwann ganz automatisch, sich zu hinterfragen.

Ich hatte bisher auch kaum Glück in der Liebe und es ist eigentlich alles schiefgelaufen, was damit zu tun hatte.
Bin schon fast mein ganzes Leben lang allein.
Die Natur und das Schicksal können grausam sein, aber man kann meist nichts dagegen tun.
Man kann kämpfen, wie man will, oder es auch sein lassen; wenn das Schicksal es so will, bleibt man allein. Gnadenlos.
Ich könnte einen Roman darüber schreiben.

Die Psychologin konnte mir auch nicht helfen. Die war von der Art, wie ich bisher alle Probleme in meinem Leben bewältigt habe, von meiner Resilienz und Empathie begeistert....

@wernero , ich wünsche Dir alles nur erdenklich Gute für Deine Zukunft und das Du fündig werden wirst !
Zum Glück kann man ja nicht in die Zukunft schauen,
Alles, alles Liebe für Dich und bitte : gib die Hoffnung nicht auf, auch wenn es schwer fällt.
 
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DerBastian

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  • #6
Interesanntes Thema, da muss ich mal meine Meinung äußern. :-D Ich bin leider auch selbst betroffen und bin der Meinung, daß es nicht der Norm entspricht. Ich glaube, daß Menschen, die noch nie eine echte Beziehung hatten, die Folgen eines schweren Traumas verarbeiten müssen, bevor eine Beziehungsfähigkeit wiederhergestellt werden kann. Leider kann ich aus der Praxis sagen, daß eine therapeutische Behandlung oft nur geringen Erfolg bringt. Im Endeffekt muss man einen Weg finden, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Der falsche Weg ist es, sich unter Druck zu setzen. Leider gibt es kein Patentrezept, um jemanden kennen zu lernen. Wenn ich mir aber anschaue, wer es sonst si geschafft hat zusammen zu kommen, dann werde ich aber optimistischer die passende Frau zu finden. Mann muss allerdings offen sein, und sich nach draußen begeben.
 
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fraumoh

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  • #7
Immerhin eröffnet das Onlinedating da ganz gute Möglichkeiten - Anschreiben schafft auch der Schüchterne , durchblättern tut auch der Nerd..und das Mauerblümchen
 
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lila_lila

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  • #8
Was ich mich frage (und ich möchte niemandem damit zu nahe treten oder unsensibel erscheinen, bitte nicht falsch verstehen und sonst einfach nicht freischalten) ist,
Haben Menschen ohne sexuelle Erfahrungen in hohem erwachsenem Alter jemals in Erwägung gezogen Sex und diese Erfahrung als Dienstleistung in Anspruch zu nehmen?
 

Windhund

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  • #9
... als Dienstleistung in Anspruch zu nehmen?

Manche schon, das löst aber deren eigentliches Problem nicht.
Ich hoffe, ich brauche dir jetzt nicht erklären, dass Sex mit einer Prostituierten einfach nicht das gleiche wie eine Beziehung ist.

Im Falle von wernero - er schreibt ja, dass für ihn Sex kein unverbindliches Vergnügen ist - ist es vermutlich eher keine Option.
Und die Sache mit dem gesellschaftlichen Stigmata lässt sich auf diese Weise bestimmt auch nicht lösen.
 
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lila_lila

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  • #10
Manche schon, das löst aber deren eigentliches Problem nicht.
Ich hoffe, ich brauche dir jetzt nicht erklären, dass Sex mit einer Prostituierten einfach nicht das gleiche wie eine Beziehung ist.

Im Falle von wernero - er schreibt ja, dass für ihn Sex kein unverbindliches Vergnügen ist - ist es vermutlich eher keine Option.
Und die Sache mit dem gesellschaftlichen Stigmata lässt sich auf diese Weise bestimmt auch nicht lösen.
Nein, das brauchst du nicht und natürlich kann ich es mir denken. Dachte dabei einfach nur daran, dass auf diese Weise zumindest eine gewisse Erfahrung im Umgang mit gelebter Sexualität und dem weiblichen Körper ggfs ansatzweise zustande kommen könnte, auch weil gefragt wurde ob die fehlende Erfahrung thematisiert werden sollte. Dann wäre mann - sofern es dann doch irgendwann zu echter Nähe kommt nicht mehr komplett unerfahren.

Wie gesagt, nur mal ausgeschrieben gedacht.
 

Frau M

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  • #11
Guten Tag Wernero,

wichtig wäre es, erst mal einen passenden Einstieg zu finden.

Offenbar ist das von Dir genannte Thema ja ein Thema , dass Dich beschäftigt. Ansonsten hättest Du hier Deinen Beitrag nicht veröffentlicht unter "Expertenrat".

Die Frage ist hier, wie auch in anderen Lebensbereichen, wie gehe ich mit dem Thema um. Was kann ich tun und was sollte ich tun.

Im Grunde könnte man sich selbst eine persönliche " Vorgehensweise" überlegen, wie man mit dem Thema voran kommt.

Da geht ja auch jeder Mensch anders vor.

Es kann auch die unterschiedlichsten Gründe haben, warum es so ist in Deinem Leben mit dem Thema. Findest Du vielleicht Antworten für dich persönlich darauf? Ich könnte jetzt einige Gründe aufzählen, die in Frage kommen könnten. Manchmal sind es ja auch mehrere Punkte, die "man" anschauen kann.
Überlege dir doch eine persönliche Vorgehensweise.

Wenn jemand den Traum von einem Badeurlaub am Meer hat , jedoch nicht schwimmen kann, dann kann er sich auch überlegen, wie er sein Vorhaben realisieren kann. Er wird dann klein anfangen müssen, schließt aber nicht aus, dass er den Badeurlaub mit schwimmen im Meer realisieren kann.

Fang doch mit einer Sache an, die dich selbst motiviert und dir Spaß macht, wie z.B. Flirten im Sinne -etwas mehr auf Menschen zugehen, Friseur, Theatergruppe (?),Sportgruppe, Wandergruppe, Fachbuch lesen , sich sein Leben gut einrichten.

Ich wünsche Dir Mut zur Veränderung.

In einem Buch schrieb ein Autor dem Sinn nach:
" Wenn Du etwas lernen willst, lehre andere Menschen darin."
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, interessiert es Dich, wie Du Dir selbst auf die Spur kommen kannst und Dich entwickeln kannst beim Thema Partnerschaft.

Wenn Du eine Sache angehst und veränderst, die mit dem Thema zusammenhängt, dann bist Du einen Schritt weiter. Dann kannst Du den nächsten Schritt angehen. Wichtig ist, das Engagement, für die Sache. Und ich habe den Eindruck, dass Du mit dem Einstellen deines Beitrags ja schon zeigst, dass Du dich in der Hinsicht auf den Weg machen willst. Ob Du den Weg alleine angehst, mit Hilfe von Büchern, Feedback einholen über einen sehr guten Freund, über Kurse oder einen Couch, das entscheidest Du alleine . Du kannst auch Dein persönliches Fachbuch schreiben. Fang doch mit dem Erstellen eines Inhaltsverzeichnisses an. Damit kommst Du Dir dann selbst auf die Spur.

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt (......)

zwinker
 
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  • #12
Was ich mich frage (und ich möchte niemandem damit zu nahe treten oder unsensibel erscheinen, bitte nicht falsch verstehen und sonst einfach nicht freischalten) ist,
Haben Menschen ohne sexuelle Erfahrungen in hohem erwachsenem Alter jemals in Erwägung gezogen Sex und diese Erfahrung als Dienstleistung in Anspruch zu nehmen?

Was soll das bringen eine Dienstleistung zu beanspruchen? Meinst du er wird deshalb lernen auf Frauen zu zugehen /einzugehen. Würde aus meiner Sicht überhaupt nichts bringen.
 
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_RM_

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  • #13
Was ich mich frage (und ich möchte niemandem damit zu nahe treten oder unsensibel erscheinen, bitte nicht falsch verstehen und sonst einfach nicht freischalten) ist,
Haben Menschen ohne sexuelle Erfahrungen in hohem erwachsenem Alter jemals in Erwägung gezogen Sex und diese Erfahrung als Dienstleistung in Anspruch zu nehmen?
Ich weiß nicht, ob das schon als "hohes Alter" durchgeht (das hängt ja vom Maßstab ab), aber ich habe das um die 30 herum versucht. Weil ich dachte "Vielleicht steht dir das ja im Weg?!"
Nun ja. Nachdem ich die Frage "wie lange brauchst du denn normalerweise?" nicht beantworten konnte (und erklärt habe wieso) wurde ich ausgelacht und wie ein Zoo-Tier mehreren Kolleginnen vorgeführt.

Das hat definitiv nicht geholfen und war die teuerste Erniedrigung meines Lebens.
Nicht das es seit dem besser geworden wäre.