Koralle

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  • #1

Hilfe, mein Freund trifft sich mit Bekanntschaft Plus!

Lieber Herr Ernst,
mit meiner Situation bin ich gerade überfordert, deshalb gehe ich mal diesen für mich etwas ungewöhnlichen Weg, Sie zu kontaktieren.
Mein Freund und ich sind seit 20 Monaten liiert, leider wohnen wir immer noch an verschiedenen Orten, bis einer von uns eine Arbeit am Wohnort des anderen gefunden hat. Soweit läuft aber alles im grünen Bereich.
Nun haben sich meine Gefühle aber sehr eingetrübt, als mir eine gemeinsame Bekannte einen gewissen Hinweis gab, der mich zum Rumspionieren im Handy meines Freundes gebracht hat. Bitte jetzt keine Vorträge über das Richtig oder Falsch beim Herumschnüffeln! Darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich herausfand, dass mein Freund sich bis vor etwas mehr als zwei Jahren ab und zu mit einer Bekannten traf - zum Trinken und zum "Schnackseln". Er sagte ihr auch gleich, dass es für ihn nicht darüber hinaus gehen wird. Sie hatte zwar schon lange Gefühle für ihn, akzeptierte aber seine Ablehnung, eine echte Beziehung zu führen. Nach mehreren Jahren dieser gelegentlichen, unverbindlichen Treffen beendete sie alles. Nun versucht mein Freund aber seit mindestens einem Jahr, sie zu kontaktieren, wollte mit ihr ein Glas Wein trinken, ins Chorkonzert gehen. Sie hat nie darauf reagiert - bis vor kurzem. Sie trafen sich an einem Abend im Restaurant. Ich ließ mir eine Lüge einfallen, wie ich es erfahren habe und sprach meinen Freund darauf an. Zuerst stellte er sich ahnungslos, dann erzählte er mir alles. Er belog mich aber, indem er sagte, er hätte sie "zufällig" mal getroffen. Er mag sie und möchte sie weiterhin ab und zu sehen, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen, er ist glücklich mit mir.
Nun bin ich fix und fertig, auch wenn ich weiß, dass diese Frau viel älter und unattraktiver als ich ist. Ich meine, die beiden haben ja auch mal Gefallen aneinander gefunden. Kann ich sicher sein, dass sie nicht wieder nach einem Glas Wein im Bett landen werden, wenn ich ahnungslos weit weg bin? Die zwei hat sonst nichts verbunden, wenn ich mir das vorstelle, dass mein Freund sich jetzt wieder mit ihr trifft, egal wie oft oder in welchen Abständen, könnte ich mich übergeben. Ich liebe meinen Freund und möchte ihn nicht verlieren. Diese Treffen, sofern sie weiterhin stattfinden werden, beunruhigen mich so sehr. Leider ist mein Freund ein sehr sexueller Mann, was mein schlimmes Gefühl nicht gerade erleichtert. Muss ich mir wirklich Sorgen machen?
 

Markus Ernst

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  • #2
Liebe Koralle,

jeder weiß, wie wichtig Vertrauen in einer Partnerschaft ist. Ein ehrlicher und offener Umgang ist die Grundlage jeder zwischenmenschlichen Beziehung. Ganz besonders gilt dies für das Gelingen von Fernbeziehungen. Diese - übrigens immer häufiger werdende - Form des Zusammenseins stellt die Beteiligten vor ganz besondere Herausforderungen: jeder lebt noch viel mehr sein eigenes Leben, es fehlt ein gemeinsamer Alltag und damit auch die Gelegenheit, Einblick ins Leben des anderen zu bekommen. Natürlich erschweren diese Umstände den Aufbau von Vertrauen. Gerade in Partnerschaften auf Distanz ist absolute Offenheit und Ehrlichkeit besonders wichtig.
Nun war Ihr Partner nicht ganz offen und Sie fühlen sich hintergangen.Ich kann nicht hat beurteilen, in welchem Verhältnis Ihr Partner mit seiner Bekannten steht und ob Sie sich Sorgen machen müssen. Die Frage ist aber, ob es ihnen beiden gelingen wird, das beschädigte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen. Das wiederum gelingt u.a. nur, wenn beide bereit sind, alles dafür zu tun, dem anderen wieder offen und ehrlich gegenüberzutreten. Trauen Sie sich das zu? Haben Sie das Gefühl, Ihr Partner kann Ihre Gefühle und Ihre Enttäuschung verstehen?
Freue mich über eine Antwort.

Herzliche Grüße aus Hamburg,
Markus Ernst
 

Koralle

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  • #3
Lieber Herr Ernst,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Am vergangenen Wochenende habe ich versucht, mit meinem Freund über meine Befürchtungen zu sprechen. Mir fiel sofort auf, dass ihm unser (erzwungenes) Gespräch unangenehm war. Mein Partner wirkte sehr introvertiert und gedankenverloren, blickte mich kaum an. Zu meinen Worten äußerte er sich gar nicht, mir erschien alles eher wie ein Monolog. An den Gedanken, die er offensichtlich hatte, ließ er mich leider nicht teilhaben.
In meiner Verzweiflung wies ich ihn darauf hin, dass die Frau noch Gefühle für ihn haben könnte, er also auch Verantwortung ( wenn schon nicht für uns und unsere Beziehung ) für das Unglück einer dritten Person auf sich nehme. und dass sein "Anwanzen" falsche Hoffnungen entstehen lassen könnte. Diese Worte haben ihn noch verschlossener und nachdenklicher wirken lassen.
Dann erwähnte ich nebenbei, dass sich vielleicht einmal die Gelegenheit bieten könnte, der Frau zu begegnen. Dann würde ich sehr gut wahrnehmen können, wie die Frau emotional zu ihm steht. Dazu schwieg mein Freund weiterhin beharrlich.
Nach diesem sehr bemühten Gespräch bin ich nun immer noch ratlos. Hinzu kommt der Umstand, dass ich die wichtigsten Informationen durch mein Spionieren erhalten habe. Wie soll ich das denn meinem Freund sagen?! Und auch dafür fiele ihm bestimmt eine Erklärung oder Ausrede ein.
Für einen erneuten Versuch einer Aussprache habe ich noch keine Gelegenheit erhalten. Ich weiß auch nicht, ob ich durch meine "Nerverei" nicht noch alles schlimmer mache, das macht mich mutlos. Aber wenn ich daran denke, dass ich mich zukünftig mit dieser für mich unklaren Situation abfinden soll, beunruhigt und schmerzt es mich wirklich sehr.
 
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Markus Ernst

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  • #4
Liebe Koralle,

ich finde es gut, dass Sie das Gespräch gesucht haben, um die Situation zu klären. Schade, dass Ihr Partner - zumindest bis jetzt - noch keine Stellung bezogen hat bzw. Ihnen Ihre Befürchtungen nehmen konnte. Es ist von Ihrer Seite keine "Nerverei", wenn Sie Klarheit über sein Verhältnis zu seiner Bekannten wünschen. Sein Verhalten trägt nun nicht gerade dazu bei, verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen.
Ich bin mir ganz sicher, dass die Beziehung zwischen ihnen beiden nur dann gut gelingen kann, wenn beide offen und schonungslos über ihre Gefühle berichten: Sie über Ihr Misstrauen und er über seine Gefühle für die Bekannte. Passiert dies nicht, kann sich so etwas verselbständigen und zu immer mehr - vielleicht ja auch ganz unbegründetem - Misstrauen führen und letztlich eine Partnerschaft stark beeinträchtigen. Es führt also kein Weg daran vorbei, dass Sie erneut das Gespräch suchen und er sich dann auch äußert.

Herzliche Grüße aus Hamburg,
Markus Ernst
 

Koralle

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  • #5
Lieber Herr Ernst,
meine Bitte um Ihren Rat liegt nun einige Monate zurück.
Die Situation hat sich zunächst entspannt und es gab keinen Kontakt mehr zwischen meinem Freund und seiner früheren "Bekannten" - zu meiner großen Erleichterung, denn da ich mittlerweile schwanger bin, will ich mich nicht noch aufregen müssen.
Nun schrieb mein Freund ihr jedoch eine SMS: Wir waren im Kino und ich konnte ganz unauffällig an meiner 3D-Brille vorbei beobachten, dass er ihr schrieb, er habe sie kürzlich im Vorbeifahren gesehen, sie sehe erholt aus, ob es ihr gut ginge.
Einen Tag später klingelte das Telefon bei uns zu Hause, mein Freund nahm ab. Nach einigen Minuten kehrte er lächelnd zurück und widmete sich wieder seiner Arbeit. Mir kam das seltsam vor, ich fragte ihn, ob etwas passiert sei. Er gab zu, dass diese Frau am Telefon war. Sie fragte, ob mein Freund mit ihr ein gefundenes Wildtier zu einer Aufzuchtstation bringen wolle ( dabei mag mein Freund (leider) Tiere nicht mal besonders).
Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, beunruhigt mich diese Situation sehr. Das habe ich meinem Freund auch gesagt, dass ich mich dabei nicht gut fühle und tieftraurig bin.
Er beruhigte mich, kündigte an, beim nächsten Treffen (!) mit ihr zu sagen, dass er in einer Beziehung mit mir ist und wir ein gemeinsames Baby erwarten. Er würde dann merken, ob sie noch Gefühle für ihn hat und Konsequenzen ziehen, sprich: den Kontakt für "eine gewisse Zeit" aussetzen.
Diese Frau ist seit vielen Jahren in meinen Freund verliebt. Ich habe Zweifel, dass sich das ändern wird. Mein Freund erwiderte auf meine Frage, warum ihm der Kontakt zu seiner Bekannten so wichtig ist, er möge den Austausch mit ihr. Er schwärmte mir vor, wie toll und tough sie doch sei und vielleicht hätte er sich doch noch in sie verliebt, wenn sie sich nicht vor über zwei Jahren zurückgezogen hätte. Mir taten diese Worte so weh! Ich hielt meine Tränen tapfer zurück und fragte ihn, wie er sich an meiner Stelle fühlen würde und warum ich wohl keinen Kontakt zu Männern habe, die Gefühle für mich haben könnten. Mein Freund meinte, er könne es nicht nachempfinden, weil er diese Situation noch nicht erlebt habe. Und überhaupt habe er Prinzipien und ist nicht bereit, sich etwas von mir "vorschreiben" oder "aufdiktieren" zu lassen. Ich erklärte ihm, dass es mir um Einfühlungsvermögen/Empathie, um Rücksichtnahme, Loyalität und Achtsamkeit ginge und betonte nochmal, wie schlecht ich mich fühle.
Mittlerweile habe ich festgestellt, dass ich seit Tagen völlig niedergeschlagen bin. Unvermittelt fange ich an zu weinen, sogar in der Öffentlichkeit. Mein Freund meint, ich solle nicht so viele Ängste projizieren, ich allein sei verantwortlich für meine Gefühle.
Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, fühle mich allein gelassen. Ich habe Angst, in eine Depression abzugleiten. In manchen Momenten möchte ich alles hinwerfen, wegfahren und diesen Mann niemals wiedersehen.
Dabei gilt meine größte Sorge meinem ungeborenen Kind. Kann meine schlechte seelische Verfassung meinem Baby schaden, gibt es dazu wissenschaftliche Erkenntnisse?
 
M

Marlene

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  • #6
Hallo, liebe Koralle,
ich weiß jetzt nicht, ob Dir vielleicht intern schon darauf geantwortet wurde und ob Du überhaupt noch mitliest. Möchte Dir trotzdem schreiben.
Nimm bitte Deine Sorge um das Baby als Anlass, zu versuchen, Dich von den anderen Sorgen zu schützen. Aber bringe Dich jetzt ja nicht in dieses Sorgen- und Angstkarusell hinein, indem Du das Ganze potenzierst und Dir noch zusätzliche Sorgen aufbürdest. Dann wird es immer schlimmer. Ich weiß, wie schwierig es ist, emotional sich rauszunehmen, doch sehe ich das jetzt nur noch als Möglichkeit für Dich, um Dich selber mehr in eine Stabilität hineinzubringen. Versuche, das Verhalten, die Aussagen Deines Freundes nicht zu sehr an Dich rankommen zu lassen, nicht über sie nachzugrübeln. Denke jetzt in erster Linie an Dich und das Baby. Tu Dir etwas Gutes, denke an diesen kleinen Menschen und Deine Liebe zu ihm. Spreche mit ihm, erzähle ihm Geschichten usw.
Und - das Thema Exfreundin und wie auch immer geartete Beziehung zu ihr, würde ich jetzt bei Deinem Freund auch einfach einmal weglassen. Komplett streichen. Du kriegst das jetzt nicht aufgelöst und jetzt ist auch Konzentration auf etwas Anderes angesagt. Es wird sich zeigen.
Was Du auch machen kannst, ist, in eine Schwangerenberatungsstelle zu gehen und einmal mit jemanden Dritten über Deine Ängste und Sorgen zu reden. Du kannst unterschiedliche für Deinen Wohnort dazu im Internet finden.
Alles Liebe Dir!
 

Koralle

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  • #7
Hallo, liebe Koralle,
ich weiß jetzt nicht, ob Dir vielleicht intern schon darauf geantwortet wurde und ob Du überhaupt noch mitliest. Möchte Dir trotzdem schreiben.
Nimm bitte Deine Sorge um das Baby als Anlass, zu versuchen, Dich von den anderen Sorgen zu schützen. Aber bringe Dich jetzt ja nicht in dieses Sorgen- und Angstkarusell hinein, indem Du das Ganze potenzierst und Dir noch zusätzliche Sorgen aufbürdest. Dann wird es immer schlimmer. Ich weiß, wie schwierig es ist, emotional sich rauszunehmen, doch sehe ich das jetzt nur noch als Möglichkeit für Dich, um Dich selber mehr in eine Stabilität hineinzubringen. Versuche, das Verhalten, die Aussagen Deines Freundes nicht zu sehr an Dich rankommen zu lassen, nicht über sie nachzugrübeln. Denke jetzt in erster Linie an Dich und das Baby. Tu Dir etwas Gutes, denke an diesen kleinen Menschen und Deine Liebe zu ihm. Spreche mit ihm, erzähle ihm Geschichten usw.
Und - das Thema Exfreundin und wie auch immer geartete Beziehung zu ihr, würde ich jetzt bei Deinem Freund auch einfach einmal weglassen. Komplett streichen. Du kriegst das jetzt nicht aufgelöst und jetzt ist auch Konzentration auf etwas Anderes angesagt. Es wird sich zeigen.
Was Du auch machen kannst, ist, in eine Schwangerenberatungsstelle zu gehen und einmal mit jemanden Dritten über Deine Ängste und Sorgen zu reden. Du kannst unterschiedliche für Deinen Wohnort dazu im Internet finden.
Alles Liebe Dir!
Liebe Marlene,
Deine Zeilen trösten mich sehr. Ich versuche, Deine Worte zu berücksichtigen. Es ist schön, die kleine Maus in meinem Bauch zu fühlen, ich würde alles tun, um sie zu beschützen. Es ist seltsam, mit meiner Mutter starb vor einigen Monaten das letzte Familienmitglied, das ich noch hatte und ich dachte, ich könne nie mehr so lieben. Und nun fühle ich dasselbe für mein ungeborenes Kind, dessen Namen ich noch nicht weiß, in dessen Augen ich noch nicht gesehen habe.
Vom Egoismus meines Freundes bin ich natürlich tief enttäuscht. Ich hoffe auf eine Veränderung in ihm durch die Geburt unseres Kindes, aber das wird sich zeigen. Um ehrlich zu sein, habe ich mittlerweile schon Vorbereitungen auf ein Dasein als Alleinerziehende getroffen, auch wenn es hart ist und ich mich wie eine Versagerin fühle, der es nicht gelungen ist, eine "richtige" Familie aufzubauen.
Sei ganz lieb gegrüßt,
Koralle
 
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Soisses

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  • #8
Um ehrlich zu sein, habe ich mittlerweile schon Vorbereitungen auf ein Dasein als Alleinerziehende getroffen, auch wenn es hart ist und ich mich wie eine Versagerin fühle, der es nicht gelungen ist, eine "richtige" Familie aufzubauen.

Ein Freund von mir heiratete vor zwei Jahren....... eine alleinerziehende Mutter einer damals 10 Jahre alten Tochter. Die sind nun auch eine richtige Familie, inklusive einem kleinen Schwesterchen für die Tochter.

Das ist also immer noch drin.
 

Markus Ernst

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  • #9
Liebe Koralle,

die Situation und Kommunikation mit Ihrem Partner scheint in diesem Punkt wirklich schwierig zu sein. Natürlich wünschen Sie sich gerade jetzt, wo sie beide ein gemeinsames Kind erwarten - bedingungslosen Rückhalt und viel Einfühlungsvermögen. Ich halte es auch für den besten Weg, dass Sie in der kommenden Zeit zunächst versuchen, das Problem - so gut es geht - von sich fernzuhalten. Es geht jetzt in erster Linie um Sie und das ungeborene Kind. Ich würde Ihnen empfehlen, gar nicht zu weit nach vorne zu denken, sondern Tag für Tag zu schauen, was Ihnen guttut. Freunde können Ihnen evtl. den Rückhalt geben, den Sie bei Ihrem Partner zur Zeit nicht finden können.
Die Sorge, dass Ihr Kind unter Ihrer schlechten seelischen Verfassung leidet, würde ich Ihnen gerne nehmen: so wie Sie denken und über Ihre Gefühle schreiben, wird es Ihre Liebe zu ihm spüren - das zählt.
Später wird es dann Gelegenheit geben, die Schwierigkeiten in der Partnerschaft zu thematisieren - am besten mit Hilfe von außen.

Herzliche Grüße und alles Gute,
Markus Ernst