AW: fehlendes Nachfragen: Desinterese oder Taktvoll?
Zitat von Doctor Bob:
warum fragen viele Menschen so wenig nach? im Dialog sollten wir doch pingpong spielen. Ball hin, Ball zurück.
Tja, das ist eine mögliche Art miteinander zu kommunizieren.
Andere Menschen kommunizieren möglicherweise aber auch ganz anders miteinander, sie werfen, um im Bild zu bleiben, den Ball, gucken was das Gegenüber mit dem Ball so anzufangen weiß und warten geduldig darauf, dass er nach einer gewissen Zeit schon zu ihnen zurück kommt, damit sie ein wenig damit jonglieren können, bevor er wieder retour geht. Kein hektisches Ping-Pong, kein statisches „Frage->Antwort, Frage->Antwort, rinse & repeat“. Stattdessen durchaus auch mal längere Monologe, Raum Dinge „ganz“ zu erzählen ohne alle Nase lang von Zwischenfragen abgelenkt zu werden, Phasen des Zuhörens, etwas „ganz“ auf der Sicht des Gegenübers erzählt bekommen ohne durch allzu viele Zwischenfragen zu sehr die eigene Sicht und die eigenen Erfahrungen in die Geschichte des anderen einfließen zu lassen.
Natürlich bedarf es auch dabei Zeichen, die dem der gerade erzählt zu verstehen geben, dass er nicht losgelöst vom anderen vor sich hin monologisiert, sondern gerade etwas zu erzählen hat was das Gegenüber interessiert. Das können gelegentliche kleine Zwischenfragen sein oder auch nur kleine „Ich kann Dir noch folgen“—Gesten.
Ich bin vermutlich der klassische Fall des „Wenigfragers“, ich stelle eher wenig Zwischenfragen und hake oft nur dort nach wo mir etwas auf der Sachebene unklar erscheint. Wer mich dabei ein klein wenig beobachtet merkt schnell, ob ich interessiert oder desinteressiert bin, denn für beides sende ich im Zweifel bewusst und unbewusst hinreichend viele Signale aus. Und wenn ich erzähle, dann gerne „am Stück“. Ich habe kein Problem damit mal für zehn oder 15 Minuten gar nichts zu sagen und zuzuhören, aber wenn ich den Eindruck habe, dass der Ball jetzt in meinem Feld liegt, dann kann er da auch gerne mal ein paar Minuten bleiben.
Ich bin mir dieses eher ungewöhnlichen Kommunikationsverhaltens recht bewusst, und wenn ich merke, dass mir da ein interessanter Ping-Pong-Spieler gegenüber sitzt, dann kann ich mein Kommunikationsverhalten inzwischen zumindest soweit anpassen, dass häufiger Zwischenfragen stelle und allzu ausufernde Monologe vermeide. Ein aufmerksames Gegenüber wird aber recht schnell merken, dass das dann nicht meine „natürliche“ Art der Kommunikation ist, sondern etwas, auf das ich mich dem Kommunikationspartner zuliebe einlasse.
Interessant wird’s im Hinblick auf diese Diskussion dort, wo vom eigenen Kommunikationsverhalten deutlich abweichende Formen des Miteinander-Redens weitergehend interpretiert werden, siehe Mohnblumes Liste.
Die geht schlicht an der Tatsache vorbei, dass jeder von uns, um mal ein technisches Bild zu wählen, auf einer anderen Frequenz und ggf. mit deutlich anderen Modulationsverfahren kommuniziert. Im Zweifel fehlen uns halt manchmal die nötigen Antennen für manche dieser anderen Art zu kommunizieren, das ist dann aber i.a.R. weder unser Fehler noch der des Gegenüber, sondern einfach eine von den vielen Stellen an denen es schlicht halbwegs „passen“ muss damit am Ende vielleicht eine dauerhafte Beziehung daraus wird.