AW: Der ewige Junge - wenn Männer nicht erwachsen werden wollen
Hallo,
ich habe mir jetzt nicht alle Beiträge durchgelesen, muss aber hier dazu etwas los werden. Vorsicht, jetzt kommt eine ziemlich lange und bissige Geschichte.
Ich bin gerade dabei mich nach 10 Jahren von meinem ewigen Jungen zu lösen.
Er trägt weder Bikerklamotten, noch hat er eine spielerisch kindliche Ader. Ganz im Gegenteil, er stellt echt was dar in seinen Designeranzügen. Hätte er nur etwas kindliche Leichtigkeit und Übermut, dann würde ich mich nicht gerade mit dem Gedanken befassen ihn los zu werden. Naja, wer weiß, vielleicht hätte mich das auch auf Dauer in den Wahnsinn getrieben.
Man muss dazu sagen, dass mein ewiger Junge 10 Jahre jünger ist als ich. Wir haben uns kennen und lieben gelernt, da hat er noch studiert und ich bereits einige Jahre gearbeitet. Daher war am Anfang unsere Rollenverteilung ziemlich simpel. Wir waren uns allerdings immer im Klaren darüber, dass die - jedenfalls finanzielle - Verantwortung irgendwann mal mehr sein Bereich wird. Eines der wenigen Dinge, bei denen er von Vornherein bereit war einzusteigen. Wie ich jetzt weiß auch egal, denn ich partizipiere davon nicht, da ich so dämlich bin immer fair zu teilen.
Weiter im Text. Was ich allerdings Anfangs noch nicht wirklich realisiert habe, war, dass ich durch meine größere Lebenserfahrung auch in anderen Dingen schnell die Verantwortungs-Torte im Auge hatte. Ob es um Wohnung und Einrichtung, ausreichende Versicherung, Steuer, etc. ging, habe ich das auch übernommen. Leider war das irgendwann so eingespielt, dass ich mich neben diesen typisch männlichen Verantwortungsbereich auch noch um die typische Frauendomaine, wie Organisation von sozialen "Events", Vorhalten von Geburtstags-, Weihnachts- und sonstigen Geschenken, private Terminplanung, emotionale Weiterentwicklung der Partnerschaft und den ganzen restlichen Weiberkram gekümmert habe.
War äußerst bequem für den Herrn und sicher hat das auch meinem Alphafrauchen Image entsprochen. Doch irgendwann geht der toughsten Frau die Puste aus und sie würde sich gerne à la Weibchen auch mal auf den Partner verlassen wollen. Auf der anderen Seite ist es sicherlich auch so, dass sich ein Mann - Junge hin oder her - auch ab und zu bevormundet vorkommt. Ist eben ein schmaler Grat auf dem man wandert. Somit sei mir in meinem Verhalten nicht absoluter Edelmut und Aufopferung zu Teil, sondern sich auch eine ganz große Portion Dominanzgehabe.
Nach den ersten Jahre - ja, ich bin emotional kein Schnellspanner - habe ich dann angefangen ein wenig mehr Verantwortung von ihm einzufordern. Auch ein wenig mehr Energie in der Entwicklung unserer Beziehung. Ich wurde immer vertröstet, dass meine Argumente, die mit fortschreitender Dauer auch immer aggressiver vorgetragen wurden, sicherlich zum Teil verstanden wurden, mit der Umsetzung nicht sofort begonnen werden konnte, da ja gerade Prüfungsstress, Stress mit der Jobsuche, dann Stress mit dem ersten Job, dann Einarbeitungsstress mit dem neuen Job. And so on! Da kann man sich doch nicht um so nebensächliche Dinge wie gemeinsame Unternehmungen, Interessen o. glw. kümmern...
Ende vom Lied, ist, dass er jetzt mal ein paar Tage Zeit hätte, da Urlaub (natürlich hat er keine gemeinsamen Unternehmungen geplant, er ist ja so furchtbar gestresst von seinem Job, dass das ja auch nicht wirklich zu erwarten ist) und ich ihn allerdings jetzt ziemlich ultimativ aufgefordert habe sich nun endlich mit mir und unserer Beziehung auseinander zu setzen. Ich hatte da immer den Eindruck während der normalen "Arbeitszeiten" Rücksicht nehmen zu müssen. Daher habe ich bis vor ein paar Tagen gewartet wirklich final etwas zu fordern und natürlich regelmäßig vorher rumgenölt.
Tja, leider hat er momentan nicht wirklich eine Möglichkeit wieder einen anstehenden Termin/Ereignis vorzubringen um seine Arbeit an den "verstandenen" Punkten endlich mal in die Tat umzusetzen. Außerdem - und jetzt werde ich tief verletzt ziemlich bösartig - verdient er ja jetzt selbst so viel Geld, dass er sich alles selbst kaufen kann, was er will. Warum also jetzt noch, den so immer gut funktionierenden Weg gehen und irgendwas vorschieben. Alles viel zu anstrengenden und würde ja bald wieder losgehen. Jetzt wo doch - außer der Beziehung - grade ziemlich alles so Klasse läuft. Lässt die Alte aber nicht locker. Schöne *******, wie jetzt raus aus der Nummer?! Da zieht er den Timeout Joker und meint er müsste sich erst ein Mal ein paar Tage Zeit nehmen um runter zu kommen und sich darüber klar zu werden, was er eigentlich will. Auf gut Deutsch, mal drüber nach zu denken, ob er nun endlich zu einer erwachsenen Beziehung bereit ist. So würde er es natürlich nicht betiteln, ich schon!
Nach langen Diskussionen, Tränen und Zusammenbrüchen meinerseits habe ich das Feld geräumt und dem armen Jungen die Wahl gelassen, ob er in der großen, von mir voll eingerichteten Wohnung bleiben will oder geht. Schon wieder ein Rückfall in die Mamarolle *grummel* Ja ich weiß geehrter Leser "selber Schuld". Stell ich auch nicht in Abrede. Habe mich mir mittlerweilen allerding selbst in den Arsch getreten und bin wieder zurück in die Wohnung. Warum sollte auch ich raus. Nicht meine Idee. Bin natürlich nicht ganz dämlich und habe mir vorher vergewissert, dass er nicht mehr da ist. Hat sich zu einem guten Freund verzogen. Männergespräche und Jungsspiele, viel Fleisch, viel Alkohol (s. u.) und die Schulterklopferei, was man ja alles schon erreicht hat in der kurzen Zeit. Wer braucht da noch eine Beziehung, geht doch auch ohne, alles viel zu anstrengend und außerdem nach den Jahren zu verfahren. Besser mal ein lockeres Techtel mit der Süssen aus der Cafeteria. Zwischendrin vielleicht doch ein bisschen Wehmut und ein bisschen, ach ja, war schon eine lange Zeit. Aber sehr viel mehr Reflektion traue ich ihm da momentan nicht zu.
Mein Fazit in meinem derzeitig ziemlich durchgeknallten Zustand:
In 10 Jahren war mein Junge (wir haben übrigens vor einigen Jahren geheiratet) nicht in der Lage mit mir in den Urlaub zu fahren, mit mir gemeinsam einem Hobby nach zu gehen (er hat übrigens außer seiner Arbeit nix, was ihn wirklich interessiert außer schlafen, rumhängen und ab und zu mit seinem Freund Unmengen von Fleisch mit Unmengen von Alkohol zu vernichten, ach ich vergaß, mit seinem tollen schicken Auto - größtenteils von mir finanziert - durch die Gegend zu schießen), aber bitte keine verantwortliche Rolle in ganz alltäglichen Dingen zu übernehmen, geschweige denn an der Beziehung zu arbeiten.
Vor ein paar Tagen war ich noch seine große Liebe, heute weiß er nicht mehr was er will.
Ich allerdings glaube langsam drauf zu kommen, was ICH will: keine Mutter eines 34-Jährigen Jungen sein!!!! Verdammte Axt, da hätte ich auch schon früher drauf kommen können. Habe aber den Vertröstungen immer wieder geglaubt. Schließlich liebt er mich doch.
Also heißt es jetzt abnabeln. Wird sicherlich - wie jede Mutter nachvollziehen kann - schwer und ab und zu tränenreich sein, ist aber glaube ich nicht zu umgehen. Irgendwann müssen auch diese Jungen das Nest verlassen, dass man für sie gebaut hat.
In diesem Sinne werde ich jetzt ein wenig weiter arbeiten. Ich hatte mich nämlich eigentlich darauf verlassen, dass das Geldverdienen jetzt geteilt wird. Aber das kann ich mir abschminken und werde jetzt mal sehen, wie es für mich weiter geht. Ganz im Gegenteil, der kassiert wahrscheinlich noch ordentlich Zugewinnausgleich.
Ach und Mädels, wartet nicht so lange wie ich! Auch wenn Ihr meint die können noch nicht richtig fliegen, raus mit ihnen aus dem Nest und Ihr werdet sehen, der kann das eigentlich ganz gut. Tut weh, wenn er als kleiner Punkt am Horizont verschwindet aber manchmal dreht er vielleicht nur eine Runde und kommt mit nem leckeren Wurm im Schnabel zurück. Bei mir leider zu spät, mir ist der Appetit auf Wurm vergangen. Bin Aufgrund Wurmmangels Vegetarierin geworden.