Meine schöne kurze Beziehung ( aus " DAS BUCH ", vom 21.12.2017 )
Er sah gut aus, war schlank, konnte wandern, war sehr unterhaltsam.
Nach unserem ersten Date mit Spaziergang und Café sagte er mir seinen vollen Namen und ein „ kannst ja mal googlen“ – was ich dann auch tat.
Au Weia!!! Zig Seiten über ihn! Ein Ex-Promi mit einer ehemaligen Laden-Kette, saß auch mal in einer Riesen-Talkshow als Gast auf dem Sofa, hat Vorträge gehalten, Buch geschrieben, ein Ex-Multi-Millionär, der dann Pleite gegangen war, wieder aufgerappelt, neues Geschäftsmodell, dann zur Ruhe gesetzt. Der Mann war eindeutig 2 Nummern zu groß für mich – aber, nun ja, zum Wandern schon okee, wenn er meine Gesellschaft wollte, ich wollte ihn als Partner gewiss nicht! Deshalb konnte ich wohl auch so locker mit ihm umgehen – weil ich keine Wünsche, keine Erwartungen hatte.
Beim zweiten Termin sollte ich zu ihm kommen. Erst mal unruhig (mir war mal ein Mann zu nahe gekommen, deshalb treffe ich mich ungern in seiner / meiner Wohnung mit einer Bekanntschaft ) aber er war brav. Wow! Sein Haus war viel schöner als mein ehemaliges, ein wahrer Traum. Die Einrichtung – wenn ich viel, viel Geld gehabt hätte, wäre mein Inventar identisch gewesen. Viele echte Bilder, warme Farben, private Fotos, schöne Gardinen, tolle Accessoires, ich war still und ehrfürchtig, aber dennoch wie erschlagen. Und nicht von einem Innenarchitekten eingerichtet - sondern von seiner verstorbenen Frau, die mir angeblich ähnlich war. Meine Gedanken wieder : echt 2 Nummern zu groß, der Typ! Seine tolle Vergangenheit wirkte wohl anziehend auf die gesamte Damenwelt – auf mich eher abschreckend. Auf der dann folgenden Wanderung er zu mir : „ Ich würde gerne mit dir schlafen. Aber ich merke schon, das dauert bei dir wohl etwas länger. Sag einfach Bescheid, wenn du so weit bist.“ Nein, das war wirklich nicht mein Ding! Es folgten trotzdem noch viele Wanderungen. Er erzählte mir von seinen urigen Geschäften, von seinen vielen Frauen. Sein größter Fang war 47 Jahre jünger als er. Die haben sich ihm wirklich alle an den Hals geschmissen – nun ja, er war hübsch, intelligent, charmant, reich und bekannt. Seine Ex-Freundin war über 20 Jahre jünger als er, ich gerade mal 12 Jahre. Aber, so, wie er es mir alles mitteilte, klang es nicht wie Angeberei, sondern es waren ganz einfach witzige Stories aus seinem Leben.
Er interessierte sich auch für mich, konnte gut zuhören. Wir lachten viel miteinander. Und - irgendwann verlor ich den Promi-Reich-Respekt, sah in ihm einen Menschen, der allein war und mich wirklich mochte. Und verliebte mich. Ja, und irgendwann sagte ich ihm dann Bescheid. Er hatte mich bis dahin zufriedengelassen, nicht gebaggert, nicht genervt, wir waren bis dahin einfach gute Freunde geworden, hatten auch jeden Morgen und Abend kurze Nachrichten über WhatsApp getauscht, so was intensives kannte ich noch gar nicht. Er kleidete sich genauso gern ausgefallen, wie ich (meine Tochter : „wie ein Papagei“ – aber eben beide). Wir waren optisch schon ein bisschen auffällig, passten gut zusammen, fielen auf. Auch wenn ich nicht so super elegant und modisch war, wie er es eigentlich liebte. Er mochte mich einfach als Menschen. Und brachte mir auch modisch einiges bei: „Eine Frau muss sich schmücken“ – also besorgte und bastelte ich mir Modeschmuck ; „Betone deine gute Figur“ – also kaufte ich mir enger geschnittene Hosen und die locker sitzenden Blusen und Schlabberpullis ersetzte ich durch auf Figur geschnittene Oberteile
( allerdings erst später, als unser Kontakt beendet war ).
Meine Tochter und ihre Zwerge lernte er auch kennen, er bemühte sich – konnte aber mit den Kindern gar nix anfangen. Aber der 2 jährige liebte ihn dennoch. Die zwei Kuscheltiere, die er ihnen schenkte, nahm mein Enkel mit nach Hause – und bringt sie bei jedem Besuch wieder mit zu mir und redet über „ Opa x“.
In diese Zeit fielen auch die Hochzeiten und Polterabende von meinem Sohn und eine Woche später meiner Patentochter. Natürlich erzählte ich dort von ihm – mit unterschiedlicher Reaktion „ Oh, ruf ihn an, er soll herkommen“ bis „Mensch, lass bloß die Finger von dem“ – weil einige seinen Namen und Geschichte kannten.
Er fragte mich, ob ich eines Tages zu ihm ziehen würde ( aber meine Wohnung parallel behalten ), ja, das hätte ich getan. Wir verbrachten einige Nächte zusammen und durch den gemeinsamen aber leider nur kurzen Alltag merkte ich, dass wir doch in ganz vielen Dingen gegensätzlich waren. Ich war dann diejenige, die alles hinnahm mit „macht nix, ich hab ihn ja lieb“ -Gedanken. Schwierig war es schon für mich.
Ja, und dann kam der Abend, wo ich etwas irritiert war und eine Sache hinterfragte. Und er war wegen meines Misstrauens irritiert. Er erklärte es mir, ich glaubte es, wir zankten auch nicht – sondern waren friedlich und behandelten uns ganz vorsichtig, wie rohe Eier. Unsere einzige Nacht „ohne“. Abschied nach dem Frühstück, ich sagte wie immer „ Ich hab dich lieb“ und von ihm kam ein „ Du hast mich leider lieber als ich dich“ . Noch eine herzliche Umarmung. Das wars dann, wusste ich nur noch nicht.
Abends kein Gute Nacht Gruß über WA, morgens keine Antwort, er nahm meine Anrufe nicht an, reagierte nicht auf Nachrichten. Zu feige, um anständig Schluss zu machen.
Ein furchtbar empfindlicher, verwöhnter und übersensibler Mann.
Eigentlich hatte ich mir eine 3-Wochen-Frist gesetzt, um mal über die vielen Kleinigkeiten zu REDEN, die mich störten. Diese Frist wäre am nächsten Tag um gewesen, und ich wollte ihn bitten, mal mehr Zeit mit mir zu verbringen als nur eine Nacht und dann paar Tage Pause – ich wollte das folgende Wochenende ( mein Geburtstag ) mal 3 Tage mit ihm verreisen, damit wir uns besser kennenlernten und über uns reden konnten, Kompromisse suchen. Nun war ich leider ganz alleine am Geburtstag, zum ersten Mal in meinem Leben.
Seine Gefühle waren weniger geworden, meine sind auch nicht weiter gewachsen.
Gekannt hatten wir uns gerade mal 2 ½ Monate – für mich eine wunderschöne Zeit, ich bin richtig aufgeblüht und fand das Leben wieder lebenswert, habe kurze 3 Wochen sogar von einer gemeinsamen Zukunft geträumt, von einem Mann, mit dem ich alt werden wollte, ich sah schon ein GEMEINSAM mit uns beiden als möglich. Viel zu euphorisch halt.
Das alles fand im letzten Jahr im Sommer statt.
In diesem Jahr hatten wir uns dann wieder getroffen, viermal zu langen Wanderungen ( unser Rekord: 18 km in 3 ½ Stunden! ) . Keiner hatte Herzklopfen, es war eine reine Wander-Freundschaft. Er lobte mich für meine optische Verbesserungen, zu denen er mir ja letztes Jahr geraten hatte. Wir tauschten uns aus, jeder konnte nach Herzen jammern, über unsere negativen Erfahrungen mit den Männern und Frauen. Wobei es ihm besser ging: gleich nach unserem Beziehungsende ist er wieder mit seiner Ex zusammengekommen, aber es war eine On-Off Geschichte, unter der er sehr litt. Vor mir war er 2 1/2 Jahre mit ihr zusammen gewesen – ich glaube, auch während unserer Zeit hatte er sie ( ein hübsches zierliches Modepüppchen ) wohl noch im Kopf, war eigentlich gar nicht richtig frei für einen Neubeginn mit mir. Ich war wohl eher so ein Lückenbüßer.
Aber – schön war es dennoch, ich möchte die Zeit – und die Erinnerung – nicht missen.