Auf einen Kaffee
Als ich noch jung war – wohl so 20 Jahre alt – hatte ich eine ganz nette Clique. Eines Tages lud mich einer der Jungs zum Essen ein, damals gings immer zu einem Italiener. Wir hatten einen sehr netten und langen Abend und er fuhr mich anschließend nach Hause. Er war müde, hatte aber einen langen Heimweg von ca. 30 km vor sich und fragte mich deshalb, ob er bei mir noch einen Kaffee trinken könnte.
Aber selbstverständlich!
Ich nahm ihn mit in meine kleine Wohnung, ging in die Küche und wollte die Kaffeemaschine anmachen. Er guckte ein bisschen doof – er wollte gar keinen Kaffee – sondern MICH. Nur leider ich ihn nicht – noch nicht. Ich habe wirklich eine sehr lange Anlaufzeit für eine Beziehung ( früher ). Ihn fand ich süß – bis zum Kaffee – und hätte ihn gerne näher kennengelernt, aber langsam, und nicht alles auf einmal beim ersten gemeinsamen Treffen.
Nun wurde es also etwas kompliziert für mich: Er - ein hübscher großer Junge von etwa 90 Kilo, ich - normale 60 Kilo.
Was tut Frau in so einer verzwickten Situation?
Ich wohnte in einem soliden Altbau und hatte noch nie Geräusche von meinen Nachbarn gehört. Schreien brachte also nix, weil die mich dann ja wohl auch nicht hören konnten.
Zu der Zeit hatte ich zwar gerade meinen gelben Gürtel in Judo gemacht. Aber – die Kämpfe fanden ja nun im großen Saal auf Matten und mit fairen Gegnern statt. Nützte mir also auch nichts in der engen Wohnung.
Wenn ich mich als Kind mit meinen Schwestern in der Wolle hatte, ging das immer echt gut mit kratzen, beißen, treten, spucken und in den Haaren ziehen. Irgendwo hatte ich aber mal gelesen, dass man einen Mann noch mehr reize durch Kampfhandlungen; dass man damit nicht viel ausrichten könne, er hat halt mehr Muckis, mehr Kraft.
Und auch kein Küchenmesser griffbereit, wie in meinen Krimis, oder eine Flasche, die ich ihm hätte über den Kopf schlagen können. So ein Pech.
Diese vielen Gedankengänge in so einem kurzen Moment!
Vernünftigerweise fügte er noch ein „ ich liebe dich“ in unsere kleinen Kampfhandlungen ein, nützte jetzt aber auch nichts an meinem mangelnden Willen für ein schnelles Techtelmechtel. Da er mich mit beiden Händen heftigst umarmte und begrabbelte und dadurch nicht meinen Kopf festhielt, konnte ich seinen Kussversuchen grade noch ausweichen – und REDEN.
Das war meine Rettung!
Hatte ich irgendwo gelesen. Laut, deutlich, energisch, selbstbewusst, auf jeden Fall OHNE Tränen in der Stimme, ohne Schreien ( wenn Frauen schreien überschlägt sich die Stimme, klingt echt fies, kommt nie gut an ). Gute Argumente bringen, einfach auf ihn einreden. Und das bekam ich hin. Es dauerte einige Minuten – aber irgendwann ließ er mich dann gottlob los, rannte zur Haustür und knallte sie lautstark zu. Ich habe ihn nie wieder gesehen, unserem Freundeskreis blieb er ab da zum Glück auch fern.
Dieses Erlebnis erzählte ich wenig später einem Freund, der Polizist war. Er schüttelte nur den Kopf über mich, weil ich mich so leichtsinnig benommen hatte. Und dass die Polizisten oft genervt seien bei Anzeigen wegen Vergewaltigung, weil viele Frauen so naiv sind wie ich – eine Einladung zum Kaffee ist für einen Mann genauso wie ihr-seine-Briefmarkensammlung-zu-zeigen – eben eine Einladung für MEHR.
So eine Erfahrung prägt, die erlebten Ängste sind eine Warnung für immer, die wird man nicht wieder los.
Die Männer von meinen heutigen Dates sind immer ganz schön pikiert, weil ich nicht zu ihnen zum Kaffee mitkommen will!
Habt ihr so was dämliches schon mal erlebt, wie seid ihr damit umgegangen? Und die Männer? Einem Bekannten ist das auch mal passiert.