Ich und die Männer (ist ein bisschen länger geraten – Sorry)
Also erstmal vorne weg: Ich glaube, ich habe als Kind definitiv zu viele Disney-Filme gesehen. Das hatte zur Folge, dass ich jetzt irgendwie auf den Männer-Typ „Verwegener Abenteurer mit fettem Grinsen im Gesicht“ stehe. Fatal. Tarzan, Sinbad, John Smith, Flynn Rider und Captain Future sind im wirklichen Leben echt schwer zu finden
Außerdem scheint es so zu sein, dass genau dieser Männer-Typ (nennen wir ihn in Zukunft Kategorie A) leider überhaupt nicht auf mich steht. Absolut fatal.
Männer-Kontakte waren für mich schon immer irgendwie schwierig: Bin zwar viel unterwegs, habe einen großen Freundeskreis und weder auf den Kopf noch den Mund gefallen, wirke aber scheinbar nur auf etwas konservativere Typen, die ich weniger attraktiv finde oder solche, die etwas unmännlich, sensibel und anhänglich sind (nennen wir diese in Zukunft Kategorie B).
Soweit zur Vorgeschichte. Los geht’s!
Ich 15 Jahre: Erstes Mal verknallt in C. Er ist wie ich bei den Pfadfindern. Super Fahrradfahrer, blonde Haare, fettes Grinsen, steht auf Tracy Chapman und auf die Bösen Onkelz. Ich finde ihn super cool und sexy (Kategorie A). Er steht leider überhaupt nicht auf mich, sondern auf die blonde, hübsche A. Ich mag beide und kuppel so ein bisschen. Sie werden ein Paar. Dann erst mal jahrelang nichts. Schule, Freunde, Pfadfinder – niemand, der mich interessiert.
Ich etwa 23 Jahre: Nach einem etwas verunglückten Date liege ich völlig verkrampft im Bett bei T. In der Nacht ist nichts passiert, weil ich mir nicht sicher war, ob T. Kategorie A oder B ist. Er will mich massieren, aber ich kann mich nicht entspannen. Er bietet an, dass ich ihn massieren kann. Ok, noch nie gemacht, aber ich probiere es. Er hat den behaartesten Rücken, den ich je gesehen habe. Auf meine Frage, wie viel Massageöl man braucht, antwortet er: „Wie Sonnenmilch.“ Ich schwimme also in einem schleimigen Brei von Massageöl und Rückenbehaarung und bin mir sicher: Kategorie B. Dann wieder jahrelang nichts. Freundinnen im Studium kommen mit Kerlen zusammen. Ich bin irgendwie zu gehemmt, um interessante Typen auf mich aufmerksam zu machen.
Ich 28 Jahre: Im Pfadfinderlager begegne ich B. Super sympathisch, Skatspieler, blonde Locken, fettes Grinsen (100% Kategorie A). Zweites Mal in meinem Leben so richtig verknallt, bin aber viel zu schüchtern, um mit ihm zu flirten und es passiert nichts. Wochen später finde ich ihn im Studivz und schreibe ihn an. Er schreibt zurück. Kumpelhaft. Lustig. Ich bemühe mich auch um einen kumpelhaften, unkomplizierten Schreibstil. Aber ich leide innerlich. Würde ihn gerne wiedersehen. Nach einem halben Jahr traue ich mich endlich ihm zu sagen, dass ich ihn toll finde. Er wundert sich. Dachte, ich wollte nur einen freundschaftlichen Mailkontakt und dass ich eine Freund hätte, weil ich die ganze Zeit nichts gesagt hätte. Hätte sich mehr vorstellen können, aber nun hat er eine Freundin. Mailkontakt lief dann noch etwa drei Jahre und ist schließlich verebbt. Er ist inzwischen verheiratet und hat ein Kind.
Ich 32 Jahre: Auf einer Ferienfreizeit himmelt mich A. an. Er ist nett, aber optisch nicht ganz mein Typ, außerdem starker Raucher und irgendwie antriebslos (Kategorie B). Freundin redet auf mich ein. Ich wäre jetzt 32 Jahre, hätte noch nie einen Freund gehabt (und auch keinen Sex). Ich könne nicht ewig auf meinen Disney-Helden warten und solle einfach mal ins kalte Wasser springen. Was soll ich sagen: Ich bin logischen Argumenten gegenüber aufgeschlossen und sie hatte eindeutig recht. Habe dann mit A. was angefangen. Er war wirklich nett. Hatten dann eine Beziehung und sind zusammengezogen. Er war nicht mein Traumprinz, aber ein guter Partner. Die Beziehung ist leider an seinem Alkohol-Problem gescheitert (Thematik passt hier nicht hin).
Ich zwischen 34 und 37 Jahren: Wollte wieder eine Beziehung und fing mit dem Suchen an: Anmeldung bei Parship, Anmeldung bei neu.de, Teilnahme am Speeddating, Single-Partys, Single-Urlaubsreise. Nichts. Überall nur Männer Kategorie B. Beim Speeddating erzählte mir einer die ganze Zeit von seinem Pferd in der Eifel, ein anderer davon, wie viele Damen bei der Arbeit auf ihn stehen würden.
Über Parship und neu.de kam ich an diverse Dates mit militanten Veganern, Sternzeichen-Fanatikern, „meine-Exfreundin-ist-ja-so-toll“-Sagern. Ich saß mit einem Kerl im Restaurant, der das Handy auf den Tisch legte und die ganze Zeit draufstarrte, weil angeblich eine gute Freundin dringend seine Hilfe bräuchte. Ein anderer hatte in seinem Wohnzimmer kein Sofa, sondern zwei Schreibtische mit drei Monitoren, auf denen ständig Aktienkurse liefen. Wir verabredeten uns trotzdem 5-mal, von denen er 2-mal super schlecht gelaunt war und fast depressiv wirkte – seine Aktien waren gefallen. Nach unzähligen Verabredungen fragte ich in einem Kölner Café meinen Gegenüber, was er denn für eine Macke hätte. Er war (zurecht) entsetzt über meine Unterstellung, offenbarte mir dann aber 15 Minuten später, dass er eine Ausbildung zum Schamanen mache...
Single-Urlaub war auch nicht erfolgreicher. Fast nur Frauen und Senioren auf der Tour. Einer der wenigen Single-Männer machte mit mir in Schweden einen See-Kajak-Ausflug. Ich fand es großartig: Der Wellengang, das Wasser im Gesicht, Adrenalin pur. Er sah es nicht so. Nach etwa 20 Minuten auf dem Meer schrie er mich an, wir müssten sofort umkehren. Er würde es nicht mehr aushalten und ich möge bitte nicht so weit vorfahren. Wo verstecken sich eigentlich die mutigen Männer?
Auf Single-Partys übrigens nicht. Da werde ich seit Jahren immer nur von völlig Betrunkenen lallend angesprochen. Ich bin bestimmt kein Victoria-Secret-Model, aber so völlig unterirdisch laufe ich dann doch nicht durch die Welt, dass man mich schön saufen müsste.
Ich 37 Jahre: Treffe J. auf einer Gartenparty. Groß, kräftig, verschmitztes Grinsen im Gesicht (Kategorie A). Bekomme von einer Bekannten seine Telefonnummer und rufe ihn am nächsten Tag an. Er freut sich, wir verabreden uns. Es funkt bei mir. Bei ihm eher nicht. Wir kommen trotzdem zusammen. Was soll ich sagen: Ich habe mich halt mächtig ins Zeug gelegt, damit so was wie bei B. nicht noch mal passiert. Hatten ein Jahr eine Fernbeziehung. Wir entscheiden, dass ich zu ihm ziehe. Ich kündige meine Wohnung, suche mir eine neue Stelle und als ich schon alles in Umzugskisten packe, verliebt er sich in eine andere. Was soll ich sagen? Pech für mich. Ich war für ihn wohl nur Kategorie B.
Also wieder zurück zu Parship…
Date inzwischen recht eifrig und meine jugendliche Schüchternheit hat sich auch gelegt. Das Alter bringt halt auch Vorteile Hatte inzwischen viele nette Kontakte, aber gefunkt hat es noch nicht. Irgendwie scheint es zwischen der Menge „Kategorie A (Kerle, auf die ich stehe)“ und der Menge „Kategorie B (Kerle, die auf mich stehen)“ keine Schnittmenge zu geben.
Aber wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt