@Traumichnich , das ist ein Missverständnis. Ich nöle nicht, und ich bin auch nicht unzufrieden. Besser machen kann ich es sowieso nicht: das zeigen mir die letzten drei Monate. Da hätte ich vieles falsch entschieden.
Es geht mir eher darum, immer wieder die Komplexität der ganzen Sache in Erinnerung zu rufen. Das betrifft auf der politischen Seite die Expertenmeinungen, wie sie entstehen, und wie sie benutzt werden. Man weiß doch wirklich nicht, wer recht hat. Kekulé empfiehlt seit Januar Mundschutz. Montgomery hält den Mundschutz für die beste Methode, sich zu infizieren. Hirschhausen flieht ins Beispiel und meint, wenn Du in der U-Bahn stehst und Dein Nachbar pinkelt, ist es ganz hübsch, wenn er eine Hose anhat.
Dazu kommen die verwirrenden Informationen von der Medizinfront. Im Prinzip nur eine schwere Lungenentzündung? Alles andere als eine Lungenentzündung? Intubieren oder nicht intubieren? Inspiratorischer oder exspiratorischer Druck? Hat alles gar nichts mit den Alveolen zu tun, sondern es handelt sich um Thrombosen und Embolien? Nikotin der beste Impfstoff?
Fragen über Fragen, und klare Antworten sind von vornherein verdächtig. Also: vorsichtig sein, aber nicht dumm. Die Parallele zum Klimaproblem mache ich gerne mit. Auch wenn sich vielleicht nicht stichhaltig beweisen lässt, dass die aktuelle Klimaschwankung menschengemacht ist, sprechen die Zahlen doch sehr dafür. Und wegen der langen Inkubationszeit ist es ziemlich blöde, nichts zu tun. Also machen wir es hier genau so, tragen Masken und Schals und waschen uns die Hände und fühlen uns draußen sicher, bis der nächste kommt und sagt, das Ding hält sich Stunden an der frischen Luft und bleibt infektiös.
Vor diesem Hintergrund meine ich, dass wir nicht auf das Virus und die Zahlen an Kranken und Toten starren dürfen, wie das Karnickel auf die Schlange. Da spielen mir einfach zu viele Faktoren eine Rolle, um ohne Einwand hinzunehmen, dass sich die Politik nur einem einzigen Ziel verschrieben hatte: die «Überlastung des Gesundheitssystems» zu verhindern. Klar ist die Frage ketzerisch, ob das Gesundheitssystem denn in dieser Krise Nennenswertes geleistet habe. Aber ich möchte sie schon stellen. Und bevor ein shitstorm los geht: mit nennenswerter Leistung meine ich das, was unter dem Strich herausgekommen ist, nicht den Einsatz. Den erlebe ich ja jeden Tag mit und preise ihn in den höchsten Tönen. Wie spricht der Lateiner? Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas.