authentisch
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Ich hatte eigentlich nicht gesagt, dass man keine Therapien empfehlen dürfe, sondern bemängelt, dass den Leuten in etwa Folgendes gesagt wird: "Du bist hier falsch, du hast so grosse Probleme, dass dir nur eine Therapie helfen kann! Hier zu schreiben wird dich überfordern und es ist gefährlich für dich mit deinen Problemen." Ich empfinde dies als Ausgrenzung und als Stigmatisierung. Wie wenn jemandem, der an einem bestimmten Punkt Probleme hat und dazu steht, insgesamt eine "Unfähigkeit" beschieden werden müsste.Gerade noch sollte man ihm keine Therapie empfehlen dürfen und jetzt weißt du, dass er ein Trauma hat?
Konstrukte sind entwicklungspsychologisch geprägte Gedanken und Verhalten. Wie konntest du jetzt ein Trauma aus seinen Worten erspähen?
Vielleicht verstehen wir das Wort Trauma anders. Ich sprach gerade nicht von Traumatisierung in der Art, die eine Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung auslösen würde, sondern eben von Entwicklungstraumata, die wohl viel häufiger sind. Natürlich sind wir alle geprägt von unseren Kindheitserfahrungen. Wenn die daraus folgenden Muster aber zu einem spürbaren Leidensdruck oder Problemen im Denken und Verhalten führen, die von aussen offensichtlich sichtbar werden, dann denke ich, dass die Prägungen auch mit grossem Leiden verbunden waren und die entsprechenden Kindheitserfahrungen durchaus als traumatisch bezeichnet werden dürfen.
Ob die betreffende Person dies auch so sieht, zu einem bestimmten Zeitpunkt so sehen kann/will oder es so bezeichnen möchte, bleibe dahingestellt. Manchmal hilft es den Leuten aber auch, wenn man es von aussen so benennt, weil sie dann eher sehen können, dass es nicht einfach ihr Problem (oder gar ihre Schuld) ist, sondern dass es eine schwierige Geschichte hat, für die sie selbst nicht verantwortlich sind.